[Eliza & Galen] Kaffeekränzchen und hässliche Wahrheiten

Ihnen fehlte die Zeit, sich den mundanen Spuren zu widmen. Galen erinnerte sich daran, wie er die Brille aufsetzte, als sich das Ehepaar ins Bett begab, wie sich vor ihm ein nie wahrgenommener Schleier diverser Verbindungen legte und er sich auf diese zu konzentrieren bemühte... Und aus den Myriaden von Schleiern, Linien, Ketten, Fäden und Links? - Ja... Es waren Links und Verknüpfungen. Kein Wunder, dass dies Proxys Brille war... - die drei Links heraus suchte, die der Frau die nächsten waren.

"Ich konnte drei Verknüpfungen in der Pfadstruktur Patricias isolieren." teilte er Proxy mit - und gab sie dann gemeinsam mit der Brille an Proxy weiter.

Spoiler:

Galen erinnerte sich an die Links, in denen in die atomare Struktur, sofern man in diesem Zusammenhang davon sprechen konnte, Informationen eingraviert waren.

Mein Ehemann, Arnie, sagte die stärkste Verbindung.
Meine beste Freundin, Sammy
Meine geheime Geliebte, Danielle

Proxy hörte sich mit gefasster Miene die Ergebnisse an.
"Nicht unbedingt die Dinge, die wir suchen, es sei denn, hinter einer dieser Personen verbirgt sich ein Seher."

Spoiler:

"Es sind zumindest die Verbindungen zu drei sehr unterschiedlichen sozialen Kreisen, über den sich die Seher ihr annähern können." entgegnete er.

"Sofern sie diese Danielle nicht irgendwie offiziell kennt, wären wir zu diesem sozialen Kreis auch kaum vorgedrungen." Galen klappte seinen Laptop auf.

Proxy nickte langsam.

"Es ist ein bisschen wie Stochern im Heuhaufen... also wohl ein ganz normaler Dienstagabend", meinte er verdrießlich.

"Okay, ich versuche zunächst, Sammy und Danielle zu deanonymisieren. Ich habe vorhin einen Verdachts-Algorithmus über Patricia laufen lassen, der hat aber nichts ausgespuckt. Da diese Algorithmen aber nicht unfehlbar sind, könntest du in guter alter Handarbeit nochmal ihre ganzen sozialen Netzwerke durchgehen. Vielleicht fällt dir noch was auf."

Spoiler:

Eine angenehme Abwechslung zum Außeneinsatz... dachte Galen gut gelaunt, darüber, sein Leben mal nicht einsetzen zu müssen, um etwas produktives tun zu können.

Der Tastenanschlag des neuen Laptops war leiser als der seines Alten. Zielsicher klickte er sich durch die sozialen Netzwerke.

Für eine Weile gingen sie schweigsam ihren jeweiligen Nachforschungen nach. Einsilbig bot Proxy ihm einen Energy-Drink an.

Schließlich, nachdem Galen schon etliche Feeds durchforstet hatte, fand er einen von Patricias Instagram-Posts: Das Bild zeigte einen Ausschnitt eines Schreibtischs, Galen erkannte den Schreibtisch als den im größeren Arbeitszimmer im Haus der Seavers wieder. Ein schöner Füllfederhalter, Briefumschläge und Briefpapier lagen da in der Mitte drapiert.

Die Bildunterschrift:
Brief an Mutti, mit umweltfreundlichem Briefpapier
#oldschool

"Hab hier eine Verbindung zu Greensheet." ließ Galen verlautbaren und hielt Proxy den Rechner hin.

"Sieht nach Promo aus... Oder glaubst du, das Papier dient womöglich als Universalmedium?" tatsächlich klang Galen etwas besorgt bei der Vorstellung, das jeder Käufer von Greensheetpapier möglicherweise als Ziel eines Seherangriffs fungieren könnte.

"Wenn dem so wäre... Hätten wir womöglich eine direkte Spur..."

Proxy runzelte die Stirn.

"Das ist definitiv zu viel, um ein bloßer Zufall zu sein. Vielleicht erhebt Greensheet in irgendeiner Weise Kundendaten? Dann hätten sie sympathetische Namen... aber noch keine Verbindung. Und das Papier... ich muss zugeben, mein Wissen über sympathetische Magie stößt da an seine Grenzen. Hat Papier Sympathie mit seinem Herstellungsort? Oder mit anderen Blättern aus der gleichen Charge? Sicherlich sind nicht alle Greensheetprodukte miteinander verbunden..."
Er klang ähnlich besorgt.

"Sie achten sehr auf die Zusammenstellung des Papiers... Apfelbaum ist beispielsweise drin... Vielleicht behalten sie etwas vom Baum, aus dem die Charge hergestellt wurde oder etwas dergleichen..." spekulierte Galen weiter und besah sich weiterhin das Bild.

"Ist das hier Werbung, oder nur Selbstdarstellung?" Er deutete erneut auf das Bild.

Proxy nickte langsam.
"Ja... könnte natürlich eine spezielle Rezeptur sein, von der sie etwas zurückbehalten. Mit spezialisierten Verzauberungen könnten sie Papiervorräte in der Nähe von Orten oder Personen von Interesse aufspüren und Spähzauber auf diese wirken. Und dann haben sie einen Zugriffspunkt."

Der Obrimos besah sich nochmal den Post.
"Sieht für mich wie Selbstdarstellung aus. Der Produktname wird nicht erwähnt... sonst hätte mein Algorithmus diesen Post definitiv gefunden."

"Das sollte als Arbeitshypothese genügen." befand Galen. "Wollten wir die Mission unterwandern, müssen wir also nur das Briefpapier sicher stellen?"

Er nickte.

"Ja. Die Frage ist nur... wenn wir den Zugriffspunkt entfernen, wird dann nicht einfach ein anderer Punkt in der Nähe aktiviert? Wir bräuchten eher sowas wie eine nachhaltige Kampagne gegen Greensheet-Produkte... oder eine härtere Lösung. Die Sammlung der Papierchargen zerstören, zum Beispiel."

Zunächst dachte Galen über das konkrete Problem nach. "Was wir wissen müssen ist, nach welchen Kriterien der Kunde ausgewählt wurde. Name und Papier? Nur über das Papier?" Galen schluckte einmal. "Und vielleicht ist es ja auch möglich... Das Bewusstsein des Sehers im Körper der Frau gefangen zu halten."

"Was in eine Richtung funktioniert..." dachte Galen nach. "Allerdings werden diese Chargen gut gesichert sein. Ein zerstörender Zugriff wird nicht ohne Weiteres erfolgen können."

Proxy seufzte nachdenklich.
"Wir könnten verschiedene Hypothesen testen. Wir bringen das Papier in ein anderes Haus in der Nähe und konfiszieren dabei eine kleinere Probe für weitere Untersuchungen. Dann beobachten wir... wenn eine Person aus dem neuen Haus übernommen wird, ist es nur das Papier."

Er legte den Kopf schräg.
"Angerona arbeitet meines Wissens an Gegenmethoden was die Profanen Urim betrifft. Im Grunde braucht man einen Gedankenzauber, um das Bewusstsein des Sehers zu beeinflussen und es zu hindern, den Wirtskörper zu verlassen. Angeronas Methoden werden aber sicherlich um einiges raffinierter und weniger Trial & Error sein."

Galen nickte.

"Sie wird diesbezüglich noch Kontakt zu mir aufnehmen." erwiderte Galen.

Er sah nachdenklich durch den Raum.

"Was man damit lediglich gewinnt - zumindest wenn das Bewusstsein - nun ja - bei Bewusstsein bleibt, ist ein sehr wütender Seher, der seine Magie aus dem höheren Reich, in seinen eigenen und dann in den fremden Körper ziehen muss." erwiderte Galen zerknirscht. "Etwas, dass die Planung der Gegenmaßnahmen sicherlich erschwert."

Proxy nickte.
"Sicherlich wird unsere Epopt auch daran denken, entsprechende Maßnahmen einzuplanen."

"Wenn dir sonst nichts einfällt, was es gerade an Vorarbeit zu leisten gäbe - mir nämlich nicht - wende ich mich jetzt deinem Dossier zu." informierte er Proxy.

Proxy brummelte irgendwas vor sich hin, was man wohl als 'nein' deuten konnte.

Bei dem Dossier hatte Proxy ganze Arbeit geleistet. Da waren Scans offizieller Dokumente wie Geburtsurkunde
(Linda Hurst, geboren am 17.03.1987 als Tochter von Dorothy und Aaron Hurst im Salinas Valley Memorial Hospital)
Sozialversicherungsnummer, Auszüge aus Akten des Einwohnermeldeamtes, aus denen verschiedene Adressen ersichtlich wurden,
eine Immatrikulationsbescheinigung der California State University, Monterey Bay für Business und Kommunikation. Es gab einige Zwischenzeugnisse, allerdings kein Abschlusszeugnis, sondern einen Exmatrikulationsbescheid vom Februar 2012.
Ab diesem Zeitpunkt verschwand die Papierspur, die letzte Meldeadresse war das Haus der Eltern in Salinas.

Galen las das Dossier durch. Dann noch einmal. Und noch ein Drittes mal, prägte sich den Inhalt genau ein. Dann ging Galen auf den Shredder Proxys zu.

Das Dossier begegnete seinem Schicksal.

Galen wiederum klappte den Laptop auf und begann mit den Daten des Dossiers eine Sekundärsuche mit Hilfe Proxys gesichertem Netzwerk zu starten und offenen Spuren investigativ nachzugehen - etwa Lindas Eltern.

Sämtliche Profile in sozialen Netzwerken sowohl der Eltern als auch Linda Hursts selbst waren deaktiviert, was es schwieriger machte, das Internet nach Informationen über sie zu durchforsten. Das konnte man natürlich auch als verdächtig einschätzen...
Da er weder Zugriff auf Bankdaten der Eltern hatte (Proxies Dossier hatte lediglich Kontoauszüge Linda Hursts selbst enthalten, aus denen hervorging, dass sie das Konto im Frühjahr 2012 aufgelöst hatte) - noch interne Daten von Greensheet, war ihm kaum möglich, eine Verbindung der Eltern mit dem angeblichen Öko-Unternehmen herzustellen. Auch Kontakte zwischen Eltern und Tochter konnte er ohne seine übliche Infoquelle nicht wirklich auffinden.

Mehr Erfolg hatte er mit der Website der Uni. Er fand nach einigem Herumgesuche auf der Sub-Homepage des Fachbereichs Business und Kommunikation ein Bild von einer kleinen Gruppe von Menschen, die etwas gezwungen in die Kamera lächelten. Drei Studenten und zwei Studentinnen, in der Mitte ein Professor mittleren Alters, der einen feinen Anzug trug.

Arbeitsgruppe Psychologie des Managements, SoSe 2011 lautete die Bildunterschrift. Dann standen da die Namen: Randolph D., Mirna T., Joseph A., Prof. Delling, Linda H. und Rupert K.
Sie schienen in der richtigen Reihenfolge zu sein! Linda trug einen Knielangen Rock und eine schlichte, weiße Bluse. Ihr blondes Haar war hochgesteckt und zu einem Dutt verknotet. Sie trug eine Brille und ihr dezentes, unsicheres Lächeln war von einem unauffälligen Lippenstift umspielt. In ihrer linken Hand war allerdings ein Hinweis verborgen. Sie war schräg nach unten links ausgestreckt, fast so, als überlegte sie, sich Ruperts Hand zu greifen um in dieser merkwürdigen Photosituation Halt zu suchen.

Spoiler:

Rupert K. also... eine alte Flamme? Wie auch immer... genug um eine Verbindung zu ihr aufzubauen womöglich... Wer bist du?

Die Recherche setzte sich fort.

Rupert K., im Zusammenhang mit der Universität war leicht zu recherchieren. Ein Rupert Kipling arbeitete noch als Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachbereich Business - als Assistent von Professor Delling. Er fand E-Mailadresse, eine Telefonnummer des Büros sowie die Anschrift des Uni-Komplexes, in der es zu finden war.

Galen legte den Laptop zur Seite. Das war immerhin eine Verbindung zu ihr, die womöglich entfernt genug war - anders als ihre Familie - um nicht gesäubert worden zu sein.

Businesspsychologie wiederum klang nach einer Fähigkeit, die man beim Management einer Ökofirma gut benötigen könnte. Karrieremensch, manipulierend... Womöglich hat sie sich den Sehern angeschlossen? War sie dann ein 'Erfolg'?

Galen blickte kurz auf die Uhr.

"Ich leg mich kurz hin."

Der Schlaf legte sich bald wie ein dunkles Tuch über ihn, und aus der nachtschwarzen Finsternis tauchte Angerona, geradezu in diese gekleidet, auf.

"Galenus. Berichte."