[Eliza] Das Land auf der anderen Seite

Eliza kam wohlbehalten an und fand Fleetwood im Keller ihres Sanctums, wo Thunderstruck im Hintergrund an irgendetwas werkelte, und die Thyrsus gerade eine letzte Umzugskiste zurechtrückte. Elizas Sachen waren ordentlich aufgestapelt in einer Ecke, wo vorher offensichtlich etwas Platz geschafft werden musste.

"So... das wärs. Hat alles geklappt! Bei dir auch, hoffentlich?"
Sie klopfte sich die Hände ab.

"Wie war das Treffen?"

Eliza seufzte tief und lang und schaute sich um.

"Es war gut, denke ich, im gesamten betrachtet, zumindest! Naja Galen und ich wir sind so unterschiedlich wie es nur geht...verdammt, der konnte nicht mal in seinen Gedanken das Wort Kacke aussprechen! Und als wir einen Moment ganz am Ende unserer Unterhaltung hatten, als er mich netterweise zur Uni gefahren hat, damit ich meinen Bulli holen konnte, da hatten wir eine Auseinandersetzung und da hat er das einzige mal Scheiße gesagt und das auch nur weil er meine Art zu sprechen nachgemacht hat!"

Sie schüttelte den Kopf "Er ist ganz schön starr. Ich glaube er spricht lieber in seinem Kopf, weil ihm das leichter fällt. Naja wir haben uns über die Idee einer Kabale unterhalten, aber das ist eher schwierig!"

Sie ging an ihren Sachen vorbei und sah dann hinüber zu Fleetwood.
"Vielen Dank für das alles hier!" Sie deutete auf ihre Habseligkeiten und schaute dann nach oben zur Kellerdecke. "Meinst du es würde etwas bringen, wenn ich mich bei Bartók bedanke?"

Fleetwood zuckte beiläufig mit den Schultern.

"Naja, Menschen sind eben verschieden. Ich glaube, man kann von Leuten, die ganz anders sind, wesentlich mehr lernen als von Leuten, die einem selbst ähnlich sind. In meiner Kabale sind ja auch sehr unterschiedliche Menschen, nicht wahr?"

Auf die Frage hin seufzte sie.
"Ehrlich gesagt weiß ich nicht, ob es was bringt. Aber bedanken sollte man sich wohl trotzdem, nicht wahr? Für einen selbst, wenn es auf der anderen Seite auch nichts bringen mag."

Eliza lachte leise.

"Ja, allerdings. Ihr seid auch unglaublich verschieden!" Sie Grinste Fleetwood an. "Bedanken gehe ich mich dann später und wer weiß, vielleicht findet er es ja gut, auch wenn er mir das niemals zeigen würde."

Sie dachte kurz darüber nach ob es noch etwas wichtige über da Gespräch mit Galen zu sagen gab.

"Ach ja wegen dem Gespräch. Galen würde helfen mit der Frau aus meiner Version. Er kann das nur nicht alleine tun und würde sich damit an seine Leute wenden! Bist du bei Merryweather schon weiter gekommen, oder soll ich Persönlich mit ihm sprechen?" Sie schaute Fleetwood fragend an.

"Tja, Merryweather meinte, im Notfall könnte er jemanden schicken, der sich damit befasst... aber das wäre suboptimal. Er ist wohl an einer wichtigen Spur dran und braucht alle Leute, die er kriegen kann. Er hat gesagt, es wäre ihm lieber, ähm... 'wenn die verdammten Hüter das übernehmen', war glaube ich der O-Ton. Solange sie danach die Ergebnisse mit uns teilen, weil Merryweather und dein Fall womöglich zusammenhängen. Wenn sie da nicht zustimmen, dann will Merryweather sich lieber selbst kümmern."

Fleetwood schüttelte mit bedauernder Miene den Kopf.
"Leider fehlt es im Moment irgendwie an allen Ecken an guten Leuten. Wie siehst du das denn? Traust du diesem Galen genug, um ihm und seinen Leuten das zu überlassen?"

"Ja, man kann ihm trauen, denke ich. Er hat mir von seinem Erwachen erzählt und das hätte er nicht tun müssen! Das hat er glaube ich nur getan, um mir zu beweisen, dass er die ganze Sache mit der Kabale ernst meint und weil er Vertrauen aufbauen wollte. Er hat mir auch erzählt, was beim Ugly Truth passiert ist und wie er so zu den Hütern gekommen ist! Er hat auch echt viel durchmachen müssen, dahingehend kann er mich und ich ihn gut verstehen. Er hat zwar einige sehr seltsame Macken, aber hey die hat ja jeder irgendwie. Ich habe ihm gesagt, dass ich Bescheid gebe, wenn ich weiteres dazu weiß, ob Merryweather das mit dem nachforschen übernehmen kann. Also sag ich mal Bescheid das sie loslegen können." Sie sah Fleetwood fragend an und zog ihr Handy aus dem Rucksack heraus.

"Was denkst du, ist das ok?"

Fleetwood nickte.

"Ja, klingt für mich so, als sei das in Ordnung so."
Sie wartete den Anruf ab und spielte geistesabwesend mit einem Dread.

Spoiler:

Das Telefonat war schnell abgeschlossen. Mit einem zufriedenem lächeln, legte sie auf und steckte das Handy zurück in ihre Tasche.

"So das hätten wir!"

Fleetwood nickte.

"Gut! Ach... bei dem ganzen Trubel hab ich was vergessen. Ich muss unbedingt noch zu Lake Merced... irgendwas stimmt da nicht mit der Geisterwelt. Da muss ich nach dem Rechten sehen. Willst du mitkommen? Ich könnte aber auch verstehen, wenn du zu müde bist."

Eliza nickte wild mit dem Kopf.

"Ach was Müde...wie könnte ich denn Müde sein wenn du mir so einen Vorschlag machst." Sie lächelte Fleetwood voller Freude an. "Ich komme sogar sehr gerne mit...uhhh wie aufregend!" Sie Jauchzte auf und drehte sich ein paar mal tänzelnd um sich selbst.

"Gut, gut, dann machen wir uns wohl am besten auf den Weg."
Gemeinsam verließen sie das Sanctum. Fleetwood pfiff leise, und der Papagei, der vorher auf einem Regal gesessen hatte, flog zu ihr herüber und setzte sich auf ihre Schulter. Mit frechem Blick musterte er Eliza.
"Mumpsgesicht!"

Fleetwood war entzückt, als sie den Bulli vor dem Haus erblickte.
"Oh, was für ein reizender Bus! Ist das deiner? Oh, lass uns doch damit fahren!"

Eliza streckte dem Papagei die Zunge heraus.

"Jup das ist meiner!" Freude strahlend besah sie sich ihren alten, bunt bemalten Bulli. Sie ging auf den Bulli zu, holte ihre Schlüssel aus der Tasche und schloss auf. "Dann sei willkommen!" Sie grinste Fleetwood zu und setzte sich, bereit zum losfahren.

"Dann los!"
Auf der Fahrt erzählte Fleetwood so dies und das, bis sie ihr Ziel erreichten.
Lake Merced lag ganz am südwestlichen Rand der Stadt in einem wünderschönen Park, der von zwei Goldplätzen, dem Campus der San Francisco State University und nicht zuletzt dem Pazifik flankiert wurde.

Vom Parkplatz aus spazierten sie der warmen Abendsonne ein ganzes Stück durch den Park.
"Lady Merced ist der Geist des Sees", erklärte die Thyrsus versonnen.

"Sie ist... recht temperamentvoll für den Geist eines stillen Gewässers. Es kommt leider immer wieder vor, dass der See verschmutzt wird, seit er vom Süßwasserreservoir zum Ausflugsziel geworden ist. Das macht die Lady rasend... und dann droht sie damit, Leute zu ertränken. Das sind keine leeren Drohungen, das ist bedauerlicherweise schon wirklich vorgekommen. Dummerweise trifft das eigentlich immer die falschen..."

"Wie können sie es nur wagen, immer wieder ihren verdammten Dreckmist hier zurück zu lassen! So viele...viel zu viele, sehen die Natur nie als etwas lebendiges, denn sonst würden sie alle mehr Respekt haben! Ich frag mich, wie es denen gefallenen würde, wenn ich ihnen ihren Müll mal in ihre scheiß Mäuler stopfen würde." Eliza ließ ihren Blick über den See schweifen und Atmete tief durch.

"Eine wütende Lady... naja man sollte Naturgewalten niemals unterschätzen! Das gerade diejenigen sterben und für die Taten anderer leiden müssen...ist das nicht leider immer so?...Macht hier denn bisher niemand regelmäßig sauber? Das würde sie doch sicher milder stimmen." fragend sah sie hinüber zu Fleetwood.

"Können wir aktiv etwas für sie tun? Weswegen wolltest du denn hier her, sicher um mit ihr zu sprechen oder?"

Fleetwood wirkte etwas bedröppelt ob der drastischen Antwort.

"Ich weiß ja nicht, ob Gewalt der richtige Weg ist. Und natürlich wird hier schon hin und wieder sauber gemacht, aber nicht so oft und umfänglich, wie es Lady Merced gerne hätte. Deswegen komme ich immer mal wieder her, um sie etwas zu beschwichtigen. Ich will vermeiden, dass Unschuldige zu Schaden kommen."

"Entschuldige bitte...bei dem Thema reagiere ich immer schnell über. Ich weiß dann nie wohin mit all meinen Gefühlen. Ich wollte dir das hier nicht verderben." Eliza schaute etwas beschämt auf den Erdboden.

"Ich weiß das Gewalt nichts gutes bringt...nur noch mehr Ärger." Sie Atmete erneut tief durch und besah sich die leicht, spiegelnde Oberfläche des Sees.

"Wenn du die Lady des Sees immer wieder besänftigst, musst du ja echt viel drauf haben!" Eliza sah Fleetwood mit Bewunderung an. "Wie schaffst du es denn sie zu beschwichtigen?"

"Oh, entschuldigen musst du dich nicht. Es ist ja nicht falsch, emotional zu sein, solange man noch halbwegs rational handelt. Ein bisschen Emotion tut so einer verkopften Gesellschaft wie unserer auch ganz gut."

Sie schlenderten zum Rand des Sees. In der Entfernung lagerten Picknicker und Studenten saßen in kleinen Gruppen, spielten Instrumente oder grillten.

"Das kommt ganz drauf an, was sie gerade wütend macht. Manchmal ist es ein bisschen ein Drahtseilakt. Einmal wollte sie zum Beispiel, dass die Rasensprenger auf den umliegenden Golfplätzen sabotiert werden, weil das Wasser aus ihrem See genommen wurde. Das war nicht einfach zu lösen..."

Fleetwood blieb am Ufer des Sees stehen, der ruhig dalag.
"Okay... also, wir müssen den Schatten betreten. Normalerweise vermeidet man das... man kann zum Beispiel auch in beiden Welten gleichzeitig existieren. Das heißt aber, dass Menschen einen immer noch sehen können, und hier könnte ja jederzeit jemand vorbeikommen und uns sehen. Das will ich vermeiden."

Suchend sah sie sich um und zeigte dann auf eine kleine Baumgruppe.
"Da, zwischen den Bäumen haben wir Deckung."
Gemeinsam gingen sie in die Richtung.

Das mit dem rational Handeln ist ja das Problem! Ohh Scheiße, ich sollte da wohl echt mal was gegen tun...Yoga reicht bei mir einfach nicht. Vielleicht weiß Fleetwood ja etwas, so geerdet und ausgeglichen wie sie immer ist, oder zumindest scheint? Eliza schmunzelte und betrachtete, mit einer langsamen Kopf Drehung, kurz, während die beiden zu den Bäumen gingen, abschätzend Fleetwoods Gesicht von der Seite her.

"Mit meinen Emotionen anderen gut zu tun, dass klingt wie etwas ziemlich erstrebenswertes. Nur leider fürchte ich, dass es eher auf die nicht ganz so rationalen Handlungen heraus läuft...Maaan ich wünschte manchmal wirklich ich würde anders handeln. Zum Beispiel das ich bei Bartók anders gehandelt hätte! Der ist bestimmt so arrogant weil er so hübsch ist...ähh...das hast du nicht gehört." Sie schaute unangenehm ertappt, schnell am See entlang.

Sccchhheiße! Ahh wie dumm kann man nur sein... Als sie die Leute sah, nahm ihr Gesicht einen seltsamen Ausdruck an und ihre Gedanken wurden ganz schnell von anderen überschattet. Da sind ja die Umweltverschmutzer...lass es, nicht weiter denken!...Vorerst...ich möchte jetzt nicht schon wieder negative Gefühle sammeln, nicht hier mit Fleetwood, wenn sie bereit ist, ihr Wissen an mich weiterzugeben und mir etwas beizubringen... puhhh. Sie sog die frische Seeluft tief ein und Atmete lange aus.

Wie die Lösung für diese Rasensprenger wohl ausgesehen hat?... Das hätte ich zu gerne gesehen. Ich weiß auf jeden Fall was ich getan hätte!" Sie grinste vor sich her und achtete darauf wo sie hin trat. Dann sah sie wieder hinüber in Fleetwoods Gesicht.

"Was meintest du damit, dass man es eigentlich vermeidet den Schatten zu betreten? Das klingt für mich so als wäre das eigentlich besser, da man ja nicht von Schläfern gesehen wird."

"Man kann sich ja entwickeln."

Sie musste unwillkürlich grinse.
"Naja... Bartók versteht sich ja als Intellektueller, ich weiß nicht, ob er dann wegen seines Aussehens arrogant ist. Wohl eher, weil er ein brillanter Komponist und hervorragender Magier ist."
Seufzend zuckte sie mit den Schultern.

"Der Schatten ist nicht ungefährlich. Neben hungrigen Geistern gibt es auch Orte, die für unvorsichtige Reisende tödlich sein können. Das ist ein ganz schönes Risiko, nur damit man nicht gesehen wird. Hier haben wir aber nicht wirklich eine Wahl."
Während sie sprach, schaute sie sich um.

"Ich werde einen Zauber wirken, der uns vor ungewollten Übergriffen der Geister abschirmt."
Gesagt, getan, Fleetwood berührte Eliza sanft an der Schulter, und ihr wohltuender Nimbus umhüllte sie beide. Mit der Sicht konnte Eliza auch die nebulöse und euphorisierende Signatur des Geisterarkanums erkennen.

"Nun, dann kann es losgehen... wenn ich das Portal gleich öffne, müssen wir schnell hindurch. Bereit?"

"Ja, bereit!" Eliza unterstrich ihre Antwort mit einem Kopfnicken. "Brauchen wir noch etwas Glück, dann würde ich dafür noch gerade sorgen!?"

Fleetwood lächelte schmal.
"Etwas Glück kann ja nie schaden..."

Eliza packte ihren Pinsel und nahm Fleetwood an der Hand. Sie sprach die passenden Worte in der hohen Sprache, die sie bereits kannte und stellte sich vor, wie ihre Tätowierung des Lóng -des Glücksdrachen lebendig wurde.

Sie stellte sich vor, wie der Drache sich von ihrem Oberarm loslöste und sich in geisterhafter Form an ihrem Arm herab schlängelte. Dann teilte er sich entzwei und aus einem wurden zwei Drachen. Einer der beiden schlängelte sich über Elizas Hand zu Fleetwood herüber und wand sich um ihren Arm, der andere Drache wand sich um Elizas eigenen Arm.

Spoiler:

Irgendetwas stimmte nicht. Eliza fühlte den Pinsel in ihrer Hand und eine Furcht stieg langsam in ihr auf. Vor ihrem inneren Auge wurde das Bild der Geisterdrachen durch das Bild der Erinnerung an den magischen Kern ihres Pinsels, einem stechenden Licht, abgelöst. Sie erschrak und ließ ruckartig Fleetwoods Hand los.

Sie starrte auf ihre Hand die den Pinsel hielt, ihre Hand zitterte heftig.

Irgendetwas stimmte wahrlich nicht. Magische Funken wirbelten mit einem mal um sie herum, und die Sicht enthüllte den Blick auf die arkadischen Energien, die um sie herumtobten. Dutzende und Aberdutzende Spiegel verschiedenster Größen drehten sich sphärisch um sie herum. In mehr und mehr Spiegeln erschienen weiße Augen, die sie hasserfüllt anstarrten.

"Diebin!", hallte es von weit her.

Die Spiegel bekamen knirschend Risse, dann barsten sie alle gleichzeitig unter ohrenbetäubendem Tosen und scharfe Scherben flogen in alle Richtungen, begleitet von blendenden Lichtreflexionen. Eliza hielt das Gewirr nicht mehr aus und musste ihre Wahrnehmung aus der arkadischen Ebene nehmen. Verschwommen sah sie den See aus tränenden Augen, die Bäume und Fleetwoods besorgtes Gesicht.

"Was... was war das?", fragte die Thyrsus.

Spoiler:

Schwer Atmend wischte sich Eliza mit einem ihrem Ärmel die Augen trocken.

"...I...I..Ich...ich...verdammt!...Die Weberin...sie war es! Sie existiert wieder und sie hat mich durch den Pinsel irgendwie gefunden! Mein Zauber ist irgendwie schief gelaufen!...Scheiße..." Sie begann mit leicht zitternder Stimme die sich zum Ende hin festigte.

Eliza sah in Fleetwoods Gesicht. "Ich fürchte ich habe mir nicht nur die Seher zum Feind gemacht. Sie verfolgt mich nun wohl wieder, genauso wie vor meinem Erwachen!"

Fleetwood machte große Augen.

"Was? Die Weberin? Aus Arkadien? Ach du liebe Zeit... ich habe nur mal gehört, dass die Höheren Wesen manchmal diejenigen beeinflussen, die mit dem prüfenden Blick zu tief in die Höhere Welt schauen. Vielleicht... dein Pinsel gehörte mal ihr, nicht wahr?"