[Beth, Galen] Handwerkszeug

Galen und Beth trafen sich wieder, nachdem letztere sich mit Kurunta und Manat auseinandergesetzt hatte.

Galen hatte nicht auf Beth gewartet. Sie musste ihn anrufen, damit er sie abholen kam, fuhr dann aber zügig los und war in Bälde bei ihr.

Der PKW von ihm hielt in ihrer Nähe, sodass sie einsteigen konnte.

Grinsend ging Beth zu dem Wagen herüber, aus irgend einem Grund die Worte ihrer Mutter im Kopf: Du sollst  auf keinen Fall zu fremden Menschen ins Auto steigen. Das könnten Vergewaltiger sein oder Mörder oder gänzlich gottlose Menschen... Prioritäten waren schon etwas schönes.

Sie öffnete die Tür und ließ sich auf den Beifahrersitz fallen, während sie Galen anlächelte und mit einem kurzen "Schön, dass du da bist" grüßte.

Galen erwiderte die herzliche Begrüßung mit einem ruppigen Nicken.

"Es ist schon recht spät." stellte er fest, als sie saß und er den Wagen startete. "Hast du deinen Erziehungsberechtigten Bescheid gegeben, dass du dich verspäten wirst?" fragte er sie, während er einen Gang einlegte.

"Nein, das Donnerwetter gibt es heute Abend -", sagte Beth und verzog das Gesicht bei dem Gedanken daran. Ob meine Eltern ein "Ich musste einem Schmetterling folgen, wurde von einer Leiche angegriffen und hab dann meinen Auszug geplant" wohl als Ausrede gelten lassen? Die Gesichter wären sicher super...

Strenge Eltern?

"Wie wäre es dann, wenn du ihnen Bescheid gibt's?" fragte er sie. "Was ich noch mit dir vorhatte, kann man noch an einem anderen Tag machen - es sei denn du bekommst Hausarrest."

Beth seufzte leise und fuhr sich mit der Hand über die Stirn.

"Galen, ich hätte heute in der Schule sein müssen. Ich habe verflucht unvorbeereitet geschwänzt und dieses mal hat niemand mir ne Entschuldigung geschrieben, ich krieg ohnehin Hausarrest." Wenn ich Glück habe. "Da müsste ich schon im Krankenkaus ge-" Oh verflucht, das ist brilliant! Ein breites Grinsen zeigte sich plötzlich auf ihrem Gesicht und sie setzte noch einmal an:

"Mit ner Gehirnerschütterung oder so was kann man doch kurzzeitig Amnesie bekommen, oder?"

"Ich stelle fest, dass du einem Impuls gefolgt bist und jetzt mit einem Problem konfrontiert bist, dass du nicht alleine lösen kannst." erwiderte Galen.

"Ich weiß nicht, wie ich es sehen soll, dir aus dieser kleinen Misäre zu helfen. Manchmal ist es einfach besser, der Strafe ins Gesicht zu sehen..." Er schwieg kurz nachdenklich.

"Nichts desto trotz brauchst du wohl eine glaubhafte Geschichte, warum du die Schule geschwänzt hast... Du wirst deinen Eltern kaum sagen können, dass du einem Schmetterling gefolgt bist. Also... wie übersetzen wir deinen Eltern dein Davonlaufen?"

Boah... als könnte ich das nicht selbst regeln... nur weil es so einnfacher gewesen wäre... was wäre eine gute Ausrede, wegen der sie mir nicht am Ende Hausarrest aufbrummen und mein Handy abnehmen... mein Handy - das ist eine Ausrede.

"Was hälst du davon wenn ich ihnen einfach erzähle ich hätte scheinbar mein neues Smartphone verloren und hab versucht es zu finden? So in etwa: 'Ich dachte, ich hätte es vielleicht im Bus liegen lassen, aber da war es nicht?'", sie setzte während der letzten Worte einen betont weinerlichen Tonfall auf um ihn danach schief an zu grinsen. In Ordnung, Mister Moralapostel?

Galen zuckte die Schultern.

"Ich kenne deine Eltern nicht... Ist aber generell glaubwürdig... Nur... Warum warst du danach noch stundenlang nicht zu Hause?

Spoiler:

"Ich habe verzweifelt gesucht?", fragte Beth mit einer Stimme die deutlich machte, dass sie das für eine wirklich miese Erklärung hielt. Wie war das noch... bleib bei deinen Lügen möglichst nahe bei der Wahrheit, dann glaubt man dir eher? Hm...

"Oder ich könnte behaupten ich habe mir ein Praktikum oder so etwas gesucht... oder nein, besser - es hat sich spontan etwas ergeben", sagte sie langsam.
"Das würde dann auch für die Zukunft eine gute Möglichkeit bieten häufiger später daheim zu sein"

Spoiler:

"Praktikum sagst du? Na gut... Dann wollen wir das doch etwas mit Glaubwürdigkeit füttern." erwiderte Galen.

"Wenn du an Zauberer denkst... Was fehlt dir, was jeder Magier haben sollte?" fragte er sie. "Abgesehen von Erfahrung und Weisheit, meine ich." ergänzte er dann schmunzelnd.

Beth unterdrückte das Bedürfnis ihm die Zunge rauszustrecken und dachte statt dessen einfach über die Frage nach. Was zum Teufel will er jetzt hören? Cooler Sidekick, Körpergröße, Zauberstab, Zauberbuch - ach was eine Bibiothek! - ein passendes Gewand mit Kapuze? Tattoos, ein Beschwörungskreis unterm Teppich, leichte bis mittelschwere Abgehobenheit, schauspielerische Fähigkeiten, das Wissen, was zum Teufel man eigentlich möchte? Ein Plan für die Weltherrschaft?

Schließlich zuckte sie kurz mit den Schultern.
"Eine Menge?"

Galen seufzte leicht.

"Aus deiner Pause schließe ich, dass du auf einige Ideen gekommen bist, dich allerdings schämst mit Antworten wie: Einen bunten Zauberhut mit Sternen, rauszurücken, richtig?"

"Der war tatsächlich nicht unter den Ideen, aber ja, wirklich - ähm - vernünftig waren meine Ideen alle nicht", sagte Beth entschuldigend lächelnd. Dann schlug sie sich plötzlich die Hand vor die Stirn als ihr etwas aufging.

"Du meinst das Werkzeug, das wir irgendwie - ähm handwerklich herstellen sollen, ja?", fragte sie etwas kleinlaut.

"Ja... Zauberstäbe, Kelche und andere Gegenstände haben Bedeutungen für Magie, die helfen können, ein Imago zu stärken. Yantras nennen wir solche Hilfsmittel. Werkzeuge sind dabei nur eines dieser Hilfsmittel. Die hohe Sprache ist ein anderes."

Galen bog ab.

"Eines dieser Werkzeuge hat darüber hinaus eine besondere Verbindung zum Träger. Es hilft nicht nur Imagos zu stärken - wenn es denn symbolisch passt - seine Verbindung zu dir schwächt auch die Macht des Abgrundes. Dazu musst du es nur für jeden deiner Zauber nutzen, bis der Gegenstand gewissermassen mit dir, deiner Identität verschmolzen ist. Und damit dieser Prozess so schnell wie möglich abgeschlossen ist, beginnen wir damit, dass du diesen Gegenstand selbst herstellst... Das sollte die Verbindung zueinander bereits stärken... Fragen?"

"Ja?", fing Beth an, schüttelte kurz die Haare aus dem Gesicht und sagte dann rasch hinter einander weg.

"Wie funktioniert das mit dieser Verbindung? Ist das wie die anderen Verbindungen die man sieht?" Sie machte eine merkwürdige Handgeste um zeigen, dass sie nicht das normale sehen meinte. "Was soll das für ein Werkzeug sein? Wie soll ich das machen? Wo fahren wir überhaupt hin?"

"Hmm... Vielleicht ein bisschen. Es gibt bestimmte Elemente, die besonders oft in einem Teil des höheren Reichs vorkommt. Im Falle des Pandemoniums Eisen und... ähh Messing glaube ich. Und dementsprechend haben diese Materialien eine starke Verbindung ins höhere Reich, weil sie es repräsentieren, also ein Symbol dafür sind. Wie bei Constatine, wo er seine Füße als Leiter in eine Schüssel Wasser steckt - nur das Wasser meines Wissens nach mit keinem höheren Reich besonders stark verbunden ist."

Wieder bogen sie ab.

"Die Farben des Tarot sind allesamt mächtige Werkzeuge: Stäbe, Kelche, Schwerter, Münzen... Dazu kommen noch Spiegel. Ich schlage vor, du wirst dir eine Eisenmünze schmieden. Klein, unauffällig, lässt sich überall mit hinnehmen. Und dazu fahren wir zu einem geeigneten Praktikumsplatz: Einem Renaissance-Schmied."

Beth nickte erst und zog dann die Augenbrauen zusammen. Und wie zum Teufel soll ich das anstellen?

"Renaissance-Schmied?" So etwas gibts? "Woher kennst du denn so jemanden? Werden wir erwartet?"

"Ich kenne ihn nicht und wir werden nicht erwartet. Aber ich habe eine Adresse und du wirst ihn davon überzeugen, dass du ein Tagespraktikum bei ihm machen möchtest. Wenn nicht heute, dann in den kommenden Tagen."

"Okay?", sagte Beth leicht zweifelnd und überlegte, welche Informationen sie noch brauchte.

"Kannst du mir etwas über diesen Schmied und sein Unternehmen sagen? Ich denke das wäre dafür wohl sinnvoll...?" Und was darf ich anstellen, wenn das alles nichts bringt?

"Dann recherchier mal. Ich fahre dich." erwiderte Galen. "Aber überleg dir dabei, wie das mit deinem Handy funktioniert, immerhin hast du es offiziell nicht mehr... Dementsprechend werde ich es für dich in Verwahrung nehmen."

Beth verzog etwas das Gesicht. Na klasse, kein Handy mehr... das muss sich doch irgendwie regeln lassen... aber später.  So viele Renaissance-Schmiede wird es hier schon nicht geben... Sie nahm ihr Smartphone, stellte den Geheim-Modus an und suchte dann im Internet nach weiteren Informationen.