Auf zu neuen -guten- Taten!

Sie sah etwas hilflos aus.

"Also... das müssten Sie mit jemand anderem besprechen. Ich kann keine Angaben zu Disziplinarmaßnahmen machen ohne einen richterlichen Beschluss."

Sie kaute auf ihrer Unterlippe herum.
"Wollen Sie einen Termin beim Counselor?"

"Können Sie mir einfach die Durchwahl geben? Ich muss zurück in die Kanzlei um meine eigenen Termine zu sehen. Ich möchte jetzt keinen Termin machen, den ich wahrscheinlich eh ändern müsste", erklärte sie ohne Umschweife.

Dann nahm sie ihr Telefon und eine Aktenmappe aus ihrer Tasche. Das Telefon, um sich die Nummer zu speichern, die Mappe um das Fax fein säuberlich zu verstauen.

Nach kurzem Zögern reichte sie ihr das Fax. Die Durchwahl des Counselor gab sie ihr dagegen direkt und ohne Umschweife.

"Danke schön, Frau", sie sah kurz auf das Namenschild, "Adams. Sie waren sehr hilfreich."

Sie erhob sich dann auch schon wieder zum Gehen.

"Ich habe früher auch hier studiert. Hoffen wir, dass das alles schnell und problemlos endgültig abgeschlossen werden kann."

"Keine Ursache. Hoffen wir das... Einen angenehmen Tag wünsche ich noch", verabschiedete sie sich mit einem Lächeln, das etwas seichter war als zu Beginn des Gesprächs.

Natalia war ganz zufrieden.

Mit der Namensliste konnte man falls nötig alle Mitglieder einzeln abklopfen, bis man das schwächste Glied der Kette hatte, welches sich verplapperte.

Auf dem Rückweg durch den ohnehin trottenden Verkehr machte sie kurz halt, um sich ein wenig legere Kleidung für den Abend zu kaufen.

In dem Mietvertrag, der mehrere Seiten standardmäßigen Text enthielt, war sowohl die Vermieterin, eine gewisse Scarlett Whishaw, eingetragen, als auch 23 Schwestern, darunter Megan Payton und Trish Devons.

Entsprechende Kleidung zu finden stellte für Natalia kein Problem an. Sie kam gerade aus dem Laden heraus, als Monica sie anrief.

"Hallo Natalia... ich hab die Besitzerin gefunden!"

"Eine Frau Scarlett Whishaw?", fragte Natalia grinsend.

"Du weißt es schon? Bin ich etwa umsonst hier rumgeeiert?", nölte Monica, konzentrierte sich dann aber umgehend wieder auf die Sache.

"Also hat es geklappt an der Uni? Wie dolle musstest du auf Füße raufsteigen?"

"Eigentlich nicht. War alles ein freundliches Geplauder. Ich habe die Namen aller im Mietvertrag eingetragenen Schwestern. Ich gehe mal davon aus, dass Neuzugänge und Anwärterinnen da nicht mit drauf sind. Aber jetzt können wir erstmal noch ein paar Namen mehr recherchieren."

"Das klingt gut. Treffen wir uns wieder in der Kanzlei? Oder gibt es noch was anderes zu erledigen?"

Sie dachte selbst kurz nach.

"Kommen wir irgendwie an den Polizeibericht von der Todesnacht von Melissa Cartwright? Damit könnte man schonmal die Suche etwas einengen... dann müsste man nicht alle Schwestern checken."

Man konnte den Bericht natürlich einfach beantragen. Dann würden die Mühlen der Bürokratie etwas mahlen und nach ein paar Tagen wäre der Bericht da.

"Gute Idee. Ich versuche mal, den Bericht direkt ranzukriegen. Dann komme ich auch in die Kanzlei. Bis nachher!"

Sie war schon wieder an ihrem Auto angelangt, ließ den Motor aber noch abgestellt. Erneut wählte sie die Nummer von Paul.

Er ging nach kurzem Klingeln ran.

"Ach... schon wieder?", fragte er amüsiert.

"Jaaaa, sorry. Ich muss dich schon wieder von den Donuts abhalten", frotzelte sie.

"Ich wollte dich fragen, ob du mir den Polizeibericht zum Tode Melissa Cartwrights geben kannst. Ich bin gerade in Fahrt gekommen und glaube, dass ich diese Verbindungsmädchen doch noch dran kriegen werde. Aber du weißt ja wie das ist ... wenn ich jetzt bis nächste Woche warten muss, um den Bericht zu kriegen, habe ich wieder vergessen, worum es eigentlich geht."

Er seufzte gespielt überarbeitet.

"Was, dann muss ich ja zum Kopierer laufen... oh, und vorher runter zu den Akten. Sklaventreiberin! Nagut. Aber bitte den Bericht trotzdem ordnungsgemäß anfordern, sonst gibts später Schwierigkeiten. Gute Gründe den sehen zu dürfen hast du ja sowieso."

"Ich danke dir. Ich weiß, auf euren Autos steht "to serve and protect", da steht nichts von Kopieren oder gar Treppensteigen. Ich komme mir ganz schlecht vor, dir so was zuzumuten."

Sie mochte die spielerische Art mit Paul. Mitunter fand sie es sogar sehr schade, dass sie eigentlich nur Kontakt hatten, wenn es der Beruf erforderte. Nicht dass sie sich viel Hoffnung auf mehr als kleine Frotzeleien machen brauchte. Paul schon bald etwas wie der Vorzeigeschwule der Polizei San Franciscos.
Aber lustig war es mit ihm alle mal.

"Keine Sorge wegen des Papierkrams. Der Bürokratie werde ich schon noch huldigen wie es sich gehört."

"Serve and protect... ja, ich schütze mich auch schon den ganzen Tag vor diesem Fall, den keiner haben will. Man muss echt wissen, wann man ans Telefon gehen kann und wann nicht. Ich hoffe mal, dass es inzwischen Miller erwischt hat... der ist dran in der - hrm hrm"
Er räusperte sich.
"- hochoffiziellen Poolrotation."
Abends in der Kneipe spielten die Polizisten oft Billard darum, wer die am wenigsten erfolgsversprechenden Fälle der nächsten Woche annehmen musste.

Er lachte.
"Gut. Der Aktenkeller ist unersättlich, und Anträge auf Akteneinsicht frisst er am liebsten."

"Kann ich dann einfach gleich mal vorbeikommen?"

Sie gab die Polizeistation ins Navi ein.

"Theoretisch zehn Minuten. Plus Verkehr ... dreiviertel Stunde ungefähr."

"Ähm... klar, wenn du willst. Ich kann es dir auch durchfaxen, wenn das besser ist. Ansonsten kann ich gerade leider keine Pause machen..."

Er senkte verschwörerisch seine Stimme.
"Der Sergeant dreht seine 'wer sieht aus als hat er nicht genug Arbeit'-Runden. Und ich hab genug, deswegen keine Pausen für mich."

"Okay. Wenn das für dich sicherer ist."

Dann verabschiedete sie sich wieder und fuhr zurück gen Kanzlei.

"Besser ist das. Machs gut."

In der Lobby der Kanzlei traf sie Monica, die auch gerade angekommen war. Sie stiegen zusammen in den Aufzug.

"Hey. Das passt ja gut. Was hat die Uni denn alles rausgerückt?"

"Hey", grüßte Natalia zurück.

"Den Mietvertrag. Mit den Namen aller vollwertigen Schwestern, die darin als Mietparteien aufgeführt sind. Polizeibericht sollte oben auf uns warten. Alle Namen, die auf beiden Papieren stehen, checken wir intensiv. Alle anderen zumindest grob."

Sie nickte mit eifriger Miene.

"In Ordnung."
In ihrem Büro angekommen stellte sie fest, dass sie ein mehrseitiges Fax hatte - der Polizeibericht. Aber auch die Diode für "neue Nachricht" auf ihrem Office-Telefon blinkte. Jemand hatte ihr was auf den Anrufbeantworter gesprochen.

"Und .. wir prüfen den Mietvertrag noch auf Formfehler. Vielleicht kann man damit ja noch wen ärgern."

Im Büro angekommen nahm sie das Fax entgegen und hörte auch gleich die Nachricht ab.

Sams Stimme erklang im Raum. Monica tat beschäftigt mit Papieren.

"Guten Tag, Natalia, hier ist Sam... Samuel Ortega. Ich hoffe dein Urlaub war angenehm? Eigentlich wollte ich noch ein bisschen warten, bis ich das hier beichte."
Er lachte leise.

"Aber es ist dann doch wichtig. Ich habe eine Dummheit gemacht und brauche deine Hilfe..."
Monicas Mund klappte auf.

..."

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