[Galen] Social Engineering

Er schaute ihn verständnislos an.

"Epaine? Darüber denke ich nicht nach."

Spoiler:

Spoiler:

Galen sah zwischen den beiden ein letztes Mal hin und her und formte vor seinem inneren Auge das Bild des Wärters. Es war keine Magie, die er wirkte... Es war vielleicht auch nicht die Geburt eines Goetias, aber die einer Idee. Eine Idee, die ziemlich genau zwischen seiner Vorstellung der Zwänge und gewissermaßen auch Lovecraft lag.

Der Wärter. Regeltreu und Misshandelnd, jemand, der darauf aufpasst, dass alle Teile eines Systems die Aufgabe erledigen, die sie erledigen sollen und an jenem Ort bleiben, wo sie hingehören. Jemand, dem die Befindlichkeiten anderer nicht wichtig sind, solange sie tun, was er von ihnen will. Ein 'Ich' dem er die Steuerung seines Körpers überlassen konnte, aber nur, wenn er es dazu aufforderte.

Galen öffnete die Augen.

Jemand anderes wachte im Raum der Schleier auf. Jemand, der innere Kraft aus dem Misshandeln von Menschen zog, die ihm untertan waren. Jemand, dem Regeln absolut heilig waren. Er sah an sich herab und stellte fest, dass er die falsche Kleidung trug. Das war kein angemessener Aufzug für jemanden, der ein System repräsentierte!

Spoiler:

Der Wärter erhob sich. Zackig, geradlinig.

Zielstrebig ging er in sein Zimmer, durchkramte seine Kleidung und entdeckte einen der Anzüge, den er getragen hatte, ehe er sich den Hütern des Schleiers angeschlossen hatte. Mit etwas Gel brachte er seine Frisur in geordnete Bahnen.

Es braucht demnächst einen Anzug, der mir wirklich sitzt. dachte er während er die Krawatte - tatsächlich schneller und akkurater als gewöhnlich - band und in den Spiegel sah.

Er sah nun deutlich eher so aus, wie er es für angemessen hielt.

Potzblitz?, fragte sich Galen.

Der Wärter rückte weiterhin seine Krawatte zurecht und nickte sich noch einmal im Spiegel zu. Er trat ins Wohnzimmer zu Kivutar.

"Guten Tag Kivutar. Ich bin der Wärter." grüßte er sie formell - denn im Sanctum betrog man einander nicht. Also musste er ihr mitteilen, dass er gerade eine Maske trug. "Meine Aufgabe ist es, Subjekte zu isolieren, zu observieren und zu reparieren."

Kivutar sah von ihrer Arbeit auf.

"Ah... guten Tag. Willkommen, Wärter. Ich hoffe, du wirst deine Fähigkeiten angemessen für den Orden einsetzen können."

Der Wärter stand in gespannter, gerader Körperhaltung ihr gegenüber.

"Ich werde meine Aufgaben buchstabengetreu erfüllen." erwiderte er mit preußischer Genauigkeit und sah herüber zu Sh'aoc. "Impertinenz und Korruption sind mir ein Dorn im Auge." stellte er mit Blick auf den Goetia fest.

Sh'aoc benahm sich währenddessen vorbildlich. Er hatte einen Kopf direkt an den Lautsprecher des Fernsehers gepresst (der Fernseher war beinahe stumm geschaltet, um Kivutar nicht bei der Arbeit zu stören) während ein zweiter Kopf (dieser wuchs ihm aus dem Rücken) das Bild verfolgte.

Ihr Blick wanderte kurz zum Fernseher, um seinem zu folgen, aber sie konnte den Goetia nicht sehen.

"Das ist gut zu hören. Und wo wirst du beginnen?"

"Wie Galen und du bereits besprochen haben, werde ich im psychiatrischen Flügel des Krankenhauses eingesetzt werden, um nach möglichen übernatürlichen Ursachen der Erkrankungen dort stationierter Patienten Ausschau zu halten." erwiderte der Wärter und sah dabei Kivutar an.

"Bei Bedarf werde ich jedoch bereits zuvor gefährliche Individuen isolieren, observieren und reparieren." ergänzte er dann wieder mit Blick zu dem Goetia. "Ich schreite zur Tat, sollte eines verhaltensauffällig sein."

Sie nickte.

"Das ist nur angemessen. Galen sollte zudem erfahren, dass ich ein Treffen mit Bronze Venus arrangieren konnte."

Der Wärter musterte sie einen Moment lang grundlos. Dann nickte er pflichtbewusst.

"Ich hole ihn."

Er verschwand wieder im Bad, wusch sich das Gel aus den Haaren, zog sich um und wie er den Hoodie überzog, war er wieder ganz er selbst.

Viel müder, etwas schleppender und eine Spur weniger förmlich trat Galen in seinem Hoodie zurück zu Kivutar. Er ließ sich auf dem Sessel nieder, vor dem eben noch der Wärter gestanden hatte, da ihm niemand einen Platz angeboten hatte.

Erneut blickte sie von ihrer Arbeit auf.

"Ich sehe, deine Arbeit mit der Kunst der Masken geht voran."

Galen sah sie einen Moment lang an und nickte dann.

"Es hat etwas erschreckendes, sich von sich selbst zu trennen." erwiderte er dann. "Aber ich erkenne die Notwendigkeit."

Sie fasste ihn in ihren strengen Mentorenblick.

"Die Trennung von sich selbst ist sicherlich... gewöhnungsbedürftig. Aber auch wenn die Maske dich ein Stück vor der bitteren Realität unserer Arbeit schützt, darfst du nie vergessen, dass die Verantwortung doch bei dir liegt. Keine Maske der Welt kann uns diese abnehmen."

Er erwiderte Kivutars Blick. Als sie geendet hatte, nickte er.

"Dessen bin ich mir bewusst." erwiderte er. Wenn ich ein Monster entfessle, bin ich für seine Taten verantwortlich.

Auch sie nickte langsam.

"Ich hätte auch nichts anderes erwartet. Um auf Bronze Venus zurückzukommen. Du könntest sie noch heute treffen. Allerdings hat sie mich darauf hingewiesen, dass die Sicherheitsvorkehrungen... ich glaube, sie sagte 'rabiater' als man es gewöhnlich kennt, seien. Du musst dich also darauf einstellen, genau unter die Lupe genommen zu werden."

Galen schwieg einen Moment lang, dann antwortete er:

"Ich kenne keine all zu prekären Geheimnisse, die es vorher zu vergessen gilt." befand er dann. "Sofern sie ebenfalls unter dem selben Epopt operiert."

"Das tut sie, wie die meisten Konsilien im Umland", bestätigte Kivutar.

"Außerdem werden die Maßnahmen zielgerichtet auf das Feststellen einer pentakelfreundlichen Identität sein. Allzuviel sonstiges sollten sie allso gar nicht herausfinden."

Wieder schwieg er einen Moment, ehe er antwortete.

"In Ordnung." sagte er dann. "Das ist meine erste Operation, die sich gezielt gegen die mutmaßlichen Ambitionen eines Orden richtet." bemerkte er dann. "Auch wenn es ein sehr indirekter Eingriff ist, worauf sollte ich Acht geben?"

"Zunächst mal darf man nicht vergessen, dass kein Orden eine vereinte Front darstellt. Genauso wie in den Pentakelorden gibt es sowohl zwischen als auch innerhalb der Ministerien der Seher Rivalitäten - vermutlich sogar deutlich mehr als bei uns, weil die Seherkultur hochgradig kompetetiv ausgerichtet ist."

Sie legte den Kopf schräg.
"Das heißt selbst wenn es in Oakland noch eine starke Seherpräsenz gibt, dürften sie inzwischen wieder in ihre üblichen inneren Rivalitätskämpfe verfallen sein, und nur noch nebenbei Jagd auf die Reste des Konsiliums machen. Da wir leider nicht wissen, zu welchem Ministerium Greensheet gehört, oder ob es überhaupt von Sehern kontrolliert wird, kannst du dir nur sehr allgemein einen Vorteil davon verschaffen. Wenn du von Sehern oder ihren Schergen aufgegriffen wird, könnte es sein, dass sie dich ziehen lassen, sobald sie hören, dass du einem ihrer Rivalen schaden willst."

Einen Moment lang dachte er darüber nach.

"Im zu vermeidenden Falle einer Ergreifung gebe ich also mein Ziel preis, in der Erwartung einer höheren Wahrscheinlichkeit, den Feind eines Feindes vor mir zu haben." fasste Galen zusammen.

Sie nickte bestätigend.

"Ansonsten gilt, was logisch ist für das Operieren hinter feindlichen Linien. Unnötigen Kontakt zu Schläfern vermeiden, Zeit im feindlichen Gebiet minimieren, möglichst keine Magie anwenden."

"Im Optimalfall finde ich die Information heraus, ohne mit der Zielperson in Kontakt zu treten. Dies ließe sich mit Magie leicht bewerkstelligen. Ohne Magie müsste ich in das Haus einbrechen und dort nach Spuren suchen." überlegte er laut.

"Zeit vor Ort minimieren steht im krassen Gegensatz zu dem Nichteinsetzen von Magie. Ließe sich durch Vorabrecherchen minimieren, allerdings ist das Treffen heute." Er blickte herüber zu Sh'aoc und dachte nach, inwiefern es sinnvoll wäre, diesen dabei zu haben. Aber besser er hatte ihn, las gar keine Rückendeckung. Ob das mein Verantwortungsbewusstsein auch so sieht?

"Das sind die Unwägbarkeiten bei so einem Einsatz. Im Vorhinein kann man oft nicht sagen, was der beste Weg ist... man muss dann im Lauf der Mission den bestmöglichen Kompromiss zwischen allen Anforderungen finden."

Sie hob eine Hand.
"Vielleicht wäre es sinnvoll, Bronze Venus zu überzeugen, dich vielleicht durch Verstärkung zu unterstützen... wenn das möglich ist. Ihre verbliebenen Leute kennen sich in Oakland immerhin am besten aus."