[Beth] Schöne neue Welt

Wortlos und bewegungslos ließ er den Gefühlsausbruch über sich ergehen. Dann ließ sie einen überrumpelt drein blickenden Galen zurück.

Dunnerknispel! Was hatte das denn zu bedeuten?

Er runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf.

Sie muss wirklich sehr verwirrt sein...

Dann blickte er sich nach einer Kamera oder dergleichen um. Er könnte Proxy suchen, aber es wäre vermutlich leichter, von ihm gefunden zu werden.

Spoiler:

Nach ein wenig Suchen fand Beth die große Küche, die etwas versteckt im Erdgeschoss lag. Vermutlich hatten sich die ursprünglichen Hausbesitzer wenig hier aufgehalten, sondern es war eher der Bereich der Bediensteten gewesen. Mit ihrer großen Herdzeile in der Mitte und den metallenen Schränken und polierten Arbeitsflächen sowie den von einem Gestänge an der Decke hängenden Schneebesen, Schöpfkellen und Soßentöpfen hatte der Raum fast das Gepräge einer Großküche, wie man sie in einem kleineren Etablissement hätte finden können.

Ba'al war dort und stand neben einer rödelnden Dunstabzugshaube, in die er periodisch den Rauch seiner Zigarette bließ.
"Na, alles klar?", rief er über den Lärm des Geräts.

Spoiler:

"Ja, klar. Bin nur am verhungern", grinste Beth trat ein paar Schritte näher und sah sich ein wenig in der Küche um. Wie gemütlich...
"Und bei dir so?"

"Ich mache Pause."
Er grinste.

"Und, haben sie dich schon ordentlich ausgebildet?"
Beiläufig drückte er seine Kippe aus und ging zum Kühlschrank.

"Nach was steht dir denn der Sinn? Vielleicht müssen wir was bestellen..."

"Pause ist immer gut... Und ich weiß ja nicht was du unter ordentlich verstehst - aber mir wurde einiges erklärt. Und ich durfte auch einiges ausprobieren... War eigentlich ganz gut, auch wenn die ständige Warnung, dass das alles potentiell tödlich ist irgendwann doch etwa nervig wurde...", sie lächelte ihn leicht an.

"Was ist denn so da?", fragte sie mit einer halben Handbewegung zum Kühlschrank hin und setzte hinzu:
"Ich will eigentlich keine Umstände machen..."

"Tja, was soll ich dazu sagen. Weiß ja nix aus Erfahrung, aber es gibt diese Organisation nicht umsonst."
Er zuckte mit den Schultern.

"Tja... Reste von Chinesisch von gestern, ein Pfund Magerquark, zwei verhutzelte Äpfel oder eingelegte Peperonis mit Frischkäsefüllung", zählte er mit belustigter Miene auf, während er in den Kühlschrank lugte.

"Äh... okay... ich glaube... ich bestelle doch etwas? Oder ich gehe mir was kaufen?", sagte Beth leicht unsicher. Verflucht... gesund war auch etwas anderes? Kein Wunder... ach egal. Und was sollte das denn überhaupt heißen, es gab nichts umsonst...? Ein bisschen sterben können als nette Bezahlung?

"Gibt's hier irgendwas in der Gegend, was zu emfehlen ist?"

"Ja, können ja Pizza bestellen oder so. Könnte auch was vertragen."
Er spielte an einem Telefon herum und rief die Seiten verschiedener Lieferdienste auf.

"Hm, ich glaub, das Pizzataxi hier ist ganz gut."
Auf dem Bildschirm zeigte er ihr eine kleine Speisekarte. Das Angebot war nicht schlecht.

"Okay, von mir aus gerne"
Na, wie gut das meine Eltern langsam einsehen, dass ich etwas mehr Taschengeld brauche, dachte sich Beth noch, während sie die Karte studierte. Auswahl. Hilfe... Sie sah auf und Ba'al an... und senkte den Blick schnell wieder auf die Karte.

"Ähm... ich glaub ich nehme... ne kleine Hawaii", wählte sie schließlich das erstbeste, was ihr ins Auge sprang, nachdem sie mal wieder zu reden begonnen hatte ohne, dass sie sich überlegt hatte wie der Satz zu Ende ging. Dummi.
"Und du?"

"Ah, okay."
Er verzog ein wenig das Gesicht.

"Find Ananas auf Pizza irgendwie komisch. Wenn das so durchsuppt... naja. Ich nehme glaub ich Quattro Fomagi."
Mit flinken Fingern tippte er die Bestellung ein.

"Naja. Kann nicht jeder nur Käse haben wollen", rechtfertigte Beth sich. Und biss sich auf die Lippe. Dummi, Dummi, Dummi!

"Sag mal... wir können doch trotzdem noch was zusammen machen? Also wenn ich grade nicht Unterricht habe... Und du nicht- arbeitest...?" Sie sich seinem Blick aus. Mein Gott. Peinlich...

Ba'al grinste.

"Naja, wenn du noch mit so nem ollen Schlafwandler wie mir rumhängen willst, klar."

"Tja, also im Moment bist du noch der einzige 'olle Schlafwandler' den ich kenne. Aber vielleicht sind die anderen ja viel cooler", witzelte Beth etwas erleichtert.
Aber so etwas war doch nicht - Das war doch nicht... gab es da irgendwelche Probleme? Machten Magier so etwas nicht? Bekamen sie einfach alle Augenringe, rote Augen, blasse Haut und... einen Mangel an Gefühlen? Oh man, ich will einen Spiegel...

Er lachte mit gebleckten Zähnen.

"Ha, da kannst du lange suchen. Coolere gibt es nicht. Und im Gegensatz zu den ganzen Erwachten bin ich... naja, Schlafwandler allgemein, würde ich sagen... ein bisschen auf dem Teppich geblieben."

"Wer hat gesagt, ich würde suchen?"
Grinsend zuckte Beth mit den Schultern. Obwohl sie ihm irgendwie... zustimmte. Obwohl das eigentlich nicht so klang als wäre er auf dem Teppich geblieben...

"Wie viele Erwachte hast du denn schon getroffen? Also außer Proxy ... und mir jetzt wohl", fragte Beth ein wenig neugierig nach. Klang ja nach einer Menge...

"Hm. Nicht wirklich viele. Schlafwandler arbeiten meistens für die Orden, das heißt man sieht dann vor allem diese Leute, und vor allem eben die, die einem vorgesetzt sind."

Er seufzte.
"Und Magier interessieren sich auch nicht wirklich für uns. Viele Erwachte nehmen nur andere Erwachte ernst und respektieren auch nur ihresgleichen. Ein bisschen kann ichs verstehen, wenn man eben die Macht hat, die Realität komplett umzukrempeln. Da zieht man wohl den Kontakt zu Leuten vor, die diese Perspektive teilen."

"Klingt bei dir so als wären die meisten Magier eingebildete Idioten", meinte Beth. Mächtige Mistkerle oder so etwas. Naja.
So wie Proxy mit ihm umspringt... Und wahrscheinlich hat er auch nicht unbedingt Bock darüber zu reden. Neues Thema... schnell! Ihr Magen knurrte wieder. Wenn das so weiter ging würden die Äpfel doch noch interessant werden...

"Wie lange braucht die Pizza eigentlich?"

Er grinste diebisch.
"Die meisten Magier sind eingebildete Idioten."

Auf die Frage hin zuckte er mit den Schultern.
"Keine Ahnung. Halbe Stunde mindestens, wahrscheinlich mehr. Willst du in der Zwischenzeit irgendwas unternehmen?"
Sein Handy summte leise. Er schaute darauf und machte ein verdrießliches Gesicht.

"Tja... Proxy will, dass du zu ihm in die Laube kommst."

Soviel also zum Thema etwas unternehmen... Sie seufzte leise. Das war so klar gewesen.

"Dann sollte ich ihn wohl nicht warten lassen... wir sehen uns dann - gleich?", sagte sie - und wandte sich dann zum gehen. Zumindest würde sie sich hier so bald nicht mehr verlaufen, wenn das so weiterging...

"Na klar. Ich nehme die Pizza in Empfang, falls es bei dir länger dauert."

Proxy saß, ähnlich wie beim ersten Mal, als sie das kleine Gartenhaus betreten hatte, an einem der Monitore und drehte sich halb zu ihr, als sie hereinkam.

"Setz dich."
Beiläufig winkte er zu einem Stuhl, der an einem der Tische stand.

"Ich hoffe, der Unterricht mit Galen war zu deiner Zufriedenheit."

Beth setzte sich artig und nickte auf Proxys Frage hin, räusperte sich kurz und sagte dann:
"Ja...?"
Und wie viel davon hast du wohl gesehen, Big Brother?

"Gut."
Damit war das Thema wohl abgefrühstückt.

"Als neues Mitglied der erwachten Gesellschaft wirst du zunächst einfache Aufgaben erledigen. Du hast dich als grundsätzlich vertrauenswürdig genug erwiesen, um einfache Botendienste zu erledigen, die aber zu wichtig sind, um sie Schläfern oder Schlafwandlern zu überlassen. Wie es der Zufall will, habe ich etwas, das du für mich ausliefern sollst."

"Okay?", fragte Beth mit leicht hochgezogenen Augenbrauen. Botendienst. Da wünscht man sich ja fast, nicht vertrauenswürdig zu sein... naja. Positiv sehen. Komme ich wenigstens mal aus dem Haus.

"Und worum genau geht es?"

"Meine Leute konnten einen potentiell gefährlichen Gegenstand... nun...sagen wir, akquirieren. Ich möchte, dass du diesen Gegenstand zu Angus bringst, einem Kameraden, seines Zeichens Mastigos. Das hat den Vorteil, dass du für weitere Ausbildungszwecke gleich bei ihm bleiben kannst."

Er holte eine kleine Holzkiste, vielleicht so groß wie ein recht dickes Buch, aus einer Schublade hervor und stellte sie auf den Tisch. Ein kleines Vorhängeschloss verhinderte, dass der Deckel aufgeklappt werden konnte.

"Wie gesagt, das muss zu Angus, und nur zu Angus. In den falschen Händen... na, du weißt schon."

"Und wo finde ich diesen Angus?", fragte Beth nach. Sie kniff die Augen zusammen und widmete der Kiste erst einmal keinen Blick. Dann setzte sie hinzu, ein wenig patziger dieses mal:
"Und soll ich vielleicht auch noch wissen wie ich ihn erkenne?"

Sie atmete tief durch, sah zu Boden und murmelte leiser:
"Für mich musst du kein Theater spielen"