[Galen] Dunkle Orte

Er hob eine Augenbraue.

"Du würdest deinen persönlichen Reichtum investieren? Oder wo sollen die Mittel herkommen?"

"Alles, was das Mysterium einsackt ist Privateigentum?" fragte er - tatsächlich leicht überrascht. "Wie dient das der Gemeinschaft der Erwachten?"

Er schüttelte den Kopf.

"Natürlich ist das kein Privateigentum. Aber es gehört dem Orden. Und selbst wenn du als Hierarch über das Eigentum deines Ordens verfügst - zumindest theoretisch, wie es bei Taliesin ja der Fall ist - heißt das ja nicht, dass du dieses Ordenseigentum völlig frei verkloppen kannst. Was glaubst du, wie schnell die anderen Mystagogen ihm an die Gurgel springen würden. Nein, wenn, dann musst du dein privates Eigentum dafür einsetzen. Das Konsilium an sich hat nicht viel, da es ja nur relativ kleine Tribute fordert und keine Steuer oder ähnliches erhebt."

"Wenn dem so ist, würde ich mein Privateigentum einsetzen - oder mir den Zorn meines Ordens auf mich ziehen. Die von dir aufgezählten Gründe zielen nur auf den eigenen Machterhalt ab."

Er zuckte mit den Schultern.

"Das mag sein, aber du musst als Hierarch ja auch ein Stück weit an deinem eigenen Machterhalt arbeiten. Sonst wirst du entmachtet und kannst dann nicht mehr so effektiv helfen helfen. Tja, und dein Privateigentum ist begrenzt. Selbst wenn jemand bereit ist - und ich finde, dass komplette Selbstlosigkeit nicht unbedingt eine gute Eigenschaft für einen Herrscher ist - sein Privatvermögen zu investieren, kann es sein, dass das nicht reicht. Und dann?"

"Wie ich bereits sagte: Ich würde die Ressourcen des Ordens investieren. Mit meinem überwältigenden Charisma würde ich dem Orden verständlich machen, das dies eine Investition in die Zukunft sein wird, die sich auszahlen wird und den Wohlstand am Ende mehren." erwiderte Galen.

"Was würdest du tun, wenn du Hierarch wärst?"

"Naja... im besten Falle funktioniert es, dann hast du trotzdem einen schweren Stand in deinem Orden, weil du diese ganzen Ressourcen ausgegeben hast und jetzt alle gleichermaßen profitieren. Es ist zwar gut, dass das Problem gelöst ist, aber eben auf Kosten einer Gruppe, die sich vermutlich lange nicht davon erholen wird."

Er wiegte den Kopf hin und her.
"Und im schlimmsten Fall klappt es nicht, und dann möchte ich wirklich nicht in deiner Haut stecken. Und ich? Tja, ich weiß auch nicht. Der Sinn der Übung ist ja zu erkennen, dass es keine einfachen Lösungen gibt, die eine einzelne Person, selbst als Hierarch, so mir nichts dir nichts lösen kann. Ich würde vielleicht eine Konvokation einberufen und hoffen, dass die Magier der umliegenden Konsilien sich in die Problemlösung einbringen werden."

Die meiste Zeit des Tages will ich auch nicht in meiner Haut stecken... Außer vielleicht... Die Kraft Stygias durch mich fließen lassen ist schon ein großartiges Gefühl.

Galen nickte.

"Der Frage, was ich an Stelle anderer tun würde, gehe ich eher selten nach. 'Cui Bono?' umso häufiger." sagte er dann. "Sicherlich eine Frage, die in der Politik ebenso nützten kann, wie in Ermittlungstätigkeiten."

Er nickte nachdrücklich.

"Oh ja, eine nützliche Frage. Aber wem nützt es, wenn sich Diamant und Freies Konzil streiten? Sicher keiner dieser beiden Fraktionen. Einem Feind des Pentakels? Vielleicht... aber wenn so ein Feind bis jetzt nicht ausfindig gemacht wurde, wird sich das vermutlich auch nicht so schnell ändern. Das heißt, cui bono nützt bei der Lösung des Konflikts nicht so wirklich."

"Den Fraktionen in ihrer Gesamtheit sicher nicht, nein... Aber einzelnen Individuen wird es nützen." sagte er. "These: Alle Dinge bewegen sich in Richtung Stillstand. Ableitung: Lässt sich ein Problem mit angemessenen Aufwand beenden, wird es beschleunigt zum Stillstand gebracht, es sei denn, es nützt jemanden, der dies verhindern kann und den Konflikt weiter antreibt. Beispiel: Der Welthunger ließe sich besser lösen als es jetzt der Fall ist. Allerdings gibt es verschiedene Gruppierungen mit wirtschaftlichen Interessen etwa, die dies verhindern." postulierte er.

"Wenn der Streit des Konzils und der Diamanten nichts nützt, welchen Individuen nützt er und welche treiben ihn weiter an. Auf der einen Seite sind dort Mitglieder des Konzils: Sie wollen eine Werteumverteilung. Mehr von Kuchen, oder ihre Stücke behalten. Daher ihr Interesse. Ihnen nützt der Konflikt. Sie werden ihn weiter in Bewegung halten. Und auf der anderen Seite?"

Ukko atmete etwas missbilligend durch.

"Grundsätzlich mag das stimmen. Aber hm... wie heißt das nochmal? Cum hoc ergo propter hoc, oder so ähnlich. Korrelation beweist keine Kausalität, und nur weil ein Umstand jemandem nützt, ist derjenige nicht verantwortlich. Was ist, wenn das Quellensterben ein natürlicher Prozess ist, den wir nur nicht verstehen?"
Er zuckte demonstrativ mit den Schultern.

"Was mich aber an deiner Aussage eher stört, ist, dass sie ein wenig Aktionen gegen einzelne Libertinees legitimiert, die dann als gierig dargestellt werden. Wir haben aber ein echtes Problem - Kabalen verlieren ihr Mana und müssen sehen, wo sie bleiben. Sie verhökern ihre Ressourcen oder werden anderweitig übervorteilt. Diese Leute als gierig zu diffamieren, scheint mir nicht zielführend."

Galen nickte ernst.

"Wie würdest du also mit jemanden verfahren, der so argumentiert? Dass in Krisenzeiten, Personen die für ihre persönlichen Recht eintreten, Unruhestifter sind?"

"Naja, ich würde denjenigen erstmal darauf aufmerksam machen und hoffen, dass sich diese Auffassung dann relativiert. Und wenn dem nicht so wäre, würde ich denjenigen diese Meinung nicht unbestritten bei öffentlichen Versammlungen verkünden lassen - damit wenn Leute das mitbekommen, sie auch eine konträre Meinung hören", erklärte er bereitwillig.

Galen nickte langsam.

"Ich denke, das ist kein aus der Luft gegriffenes Argument. Ebenso wenig, wie die Argumentation der Gegenseite: Dass das Mysterium gierig ist und dies wiederum bestimmte Handlungen legitimiert."

"Hm. Dann hat man beide Seiten, die sich gegenseitig vorwerfen, gierig zu sein. Und weil der andere gierig ist, darf man ihm eins auf die Mütze geben."

Er zuckte ratlos mit den schultern.
"Das beschreibt ja so ziemlich den momentanen Zustand. Nicht sehr zielführend, wie gesagt."

"Der Zustand ist also ein zweiseitiges, kräfteverzehrendes Zerren um die knappen Ressourcen. Wie also beendet man das Zerren? Man findet einen Weg in die selbe Richtung zu ziehen, oder eine Seite gibt nach, richtig?"

"Im Wesentlichen, ja. Aber in dieselbe Richtung ziehen... tja, das muss man erstmal hinbekommen. Man könnte auch das Seil durchschneiden... was immer das in der Metapher dann bedeutet."

Er hatte sein Essen vertilgt und lehnte sich nun im Stuhl zurück.

"Durchschneidet man das Seil, fallen beide Parteien hin - und die Ressourcen um die sie streiten sind zerstört." stellte er fest.

Das Pentakel steht geeint gegen die Diener der Lüge. Man müsste sie also wieder dazu bewegen, wieder gegen diese und um deren Ressourcen zu kämpfen.

"Fraglich ist, ob der Wettstreit nicht schon längst zum Selbstzweck geworden ist. Was sind die Ressourcen wert, wenn sie nicht sinnvoll eingesetzt werden?"

Vielleicht gab es schon einen Versuch dazu, wieder vereint zu stehen? Doch Magier sind gierig. Das Mysterium ist es. Und das Konzil wehrt sich mit Zähnen und Klauen gegen jeden Tyrannen, sei es in Form der Seher oder in ihrem Bild von Taliesin. Worte genügen vielleicht nicht mehr. Was wäre der nächste Schritt? Man könnte einen Seher Angriff nicht zurückschlagen um daran zu erinnern... Aber damit würde man ihnen auch noch zuspielen, denn dies unterstützt direkt ihre Ziele. Die logische Konsequenz wäre also, einen Angriff zu stellen... Alle Thröne sind verkommen... Geht der Anschlag auf unsere Kappe?

"Das klingt auch nicht sinnvoll."

Auf die zweite Frage hin seufzte er etwas niedergeschlagen.
"Wahrscheinlich ist das ein Selbstzweck. Und auf beiden Seiten sind doch einige Leute mit Scheuklappen auf, die das nicht sehen."

Nehmen wir an, er geht nicht auf unsere Kappe... Oder egal ob er auf unsere Kappe geht oder nicht... Man bräuchte erstens: Einen Sündenbock.

"Oder denen das egal ist, antwortet der Pessimist." antwortete der Pessimist.

Zweitens ist es am Besten, man findet diesen niemals, denn dann bleibt die Angst vor einem gemeinsamen Gegner bestehen...

Zurück zum Sündenbock... Der Sündenbock bzw. Vollstrecker muss denken, er dient einer eigenen Sache. Am besten weiß er nicht dass er manipuliert wurde. Gesucht ist also... Eine Person die das freie Konzil hasst, die schwer aufzuspüren ist und das im Optimalfall auch niemand kennt.

Galens Augen weiteten sich etwas, als er eine Person ausmachte, auf die diese Eigenschaften zutrafen: Epaine. Sie hatte jemanden gefunden der ihre Verbindungen gekappt hatte und hasste das freie Konzil. Niemand kannte sie und als Lovecrafts Kreatur, dazu vermutlich eine Banisherin, würde man wohl kaum zwei Mal überlegen, ehe man sie tötet, oder töten müsste.

Jetzt benötigt es nur noch einen Verschwörer, der Kontakt zu ihr hatte... Und die könnte es in Form von Zenobia und Fluornoy geben. Um Lovecraft zu zitieren: Dieses skrupellose Biest! Das ist das Problem mit Trobleshootern... Sie können selbst sehr leicht Täter werden... So wie wir. Und da sie Pro-Pentakel ist, hat sie ein Motiv den Konflikt zu beenden.

"Heureka", sagte Ukko und schaute Galen neugierig an.

"Du siehst gerade aus, als hättest du einen Geistesblitz gehabt."

Ohh Scheibenkleister! Jetzt noch abzustreiten wird wohl nichts... Ablenken vielleicht?

"Da sieht man einmal, wie inspirierend ein Gespräch mit einem Mitglied der silbernen Leiter sein kann." wich er mit einem Kompliment aus. Das alleine reicht noch nicht. Ich muss das Gespräch jetzt beenden, bevor er nachhaken kann. Er sah auf die Uhr und erhob sich.

"Ich habe leider schon bald den nächsten Termin... Wenn du mich entschuldigst?"

Ukko lachte etwas trocken, aber nicht völlig freudlos.

"Du, sag doch einfach, dass du es mir nicht sagen kannst, willst, was auch immer. Machen Kivutar und Tapio auch, ich nehme das nicht übel. Ich weiß schon, worauf ich mich eingelassen hab, als ich in eine Kabale voller Hüter gegangen bin."

"Gut zu wissen." antwortete er. "Wenn so etwas mal vorkommen sollte, weiß ich dann, was ich zu tun habe." sprach er so trocken, dass es ohne Kontext schwer wäre, zu merken, ob er es ernst oder im Scherz meinte.

"Danke für das Gespräch Ukko. Es war mir eine Freude dich mal etwas besser kennen zu lernen."

"Ebenso. Bis die Tage!"
Ukko blieb dann in der Küche.