[Beth] Hell is just a frame of mind

"Nun, aber trotzdem ist das hier doch eine Gemeinschaft - und die existiert nur durch Zusammenhalt", Beth lächelte leicht, während ihre Gedanken etwas abdrifteten - Ba'al also? Da hatte Tanya ja Vorstellungen... der war doch nicht der ... andererseits - sie wusste auch nicht alles über ihn, wenn sie die Geschichte mit den Drogen bedachte...

Sie nickte eifrig.
"Sicher, sicher, vereint im Geiste, vereint in den Anschauungen. Aber... naja, reden wir mal Klartext: Eigentlich will jeder in die Zirkel mit den wirklich niedrigen Zahlen, wo die wirklichen Geheimnisse sind, oder etwa nicht?"

"Jaah... die Anziehungskraft des Geheimen. Irgendwie sind wir ihr doch alle erlegen", nickte Beth. Sie berührte sacht die Insignie um ihren Hals, fuhr mit den Fingern die Gravur entlang. Die Vordereite war bei ihnen allen die selbe.

"Wo wir grad bei Geheimnissen sind: weißt du näheres zu dem was heute passiert?"

Sie kam etwas näher und senkte verschwörerisch ihre Stimme.
"Dieses Anwesen hier hat eine ziemlich große Bibliothek mit okkulten Texten und angeblich soll es irgendwo ein Ritual geben, um einen Vasallen des Baphomet zu rufen. Ich nehme an, dass wir dieses Ritual finden sollen. Und wer es findet..."

Sie hob vielsagend eine Augenbraue und spielte dabei an ihrer Insignie, drehte sie kurz auf die Seite mit der römischen 6.

"Das wäre ja was", bemerkte Beth mit leiser Stimme und hochgezogenen Augenbrauen. Eine Suche? Sie fand ja nicht mal immer ihre Hausaufgaben in ihrem eigenen Zimmer wieder... Aber ein bisschen Glück war bei so etwas ja auch immer dabei.

"Und dafür sollen wir alle in der Bibliothek herumschnüffeln... müsste der Besitzer das nicht besser wissen? Ich meine, der dem sie gehört haben.."

"Der Besitzer..."
Sie lächelte schmal.
"...ist... sagen wir, nicht der belesene Typ. Er hat dieses Anwesen von einem Onkel geerbt und bis dato vermutlich eher selten einen Fuß in die Bibliothek gesetzt. Und jetzt ist er ja erst im neunten Zirkel und daher nicht berechtigt, hier zu sein. Ich bin mir nicht mal sicher, ob er weiß, um was es uns wirklich geht."

Beth nickte kurz zum Zeichen das sie verstanden hatte.
"Interessant, dass so jemand überhaupt mitmachen will. Ich meine- das aneignen von neuem Wissen gehört doch auch dazu... ist gewissermaßen eine Voraussetzung um hier weiter zu kommen..."

Sie schüttelte kurz den Kopf. Na gut, ohne Ba'al wäre sie vermutlich auch nicht hier, aber das lag nicht an so einem komischen Mangel an Interesse. Mit einem kurzen Seitenblick suchte sie sich zu vergewissern, ob Ba'al immer noch mit dem Typen aus dem 6. Zirkel sprach.

Sie zuckte beiläufig mit den Schultern.

"Nicht alle wollen unbedingt weiterkommen. Manch einem genügt es vielleicht, einfach nur dabei zu sein."


Ba'al war immer noch ins Gespräch vertieft, was allerdings abriss, als ein Raunen durch die Versammelten ging.
"Der Meister ist da!", hörte sie jemanden halblaut sagen, der irgendwo am Rand der Menschentraube stand.

Beth grinste. Es ging los!

Einen Augenblick später besann sie sich auf ihre Erscheinung.
Sie stellte sich kerzengerade hin (das schummelte ihr vielleicht zwei bis drei zusätzliche Zentimeter zu ihrer leider nicht besonders großen Körpergröße), fuhr sich kurz durch die Haare und versteckte das aufgeregte Lächeln hinter einer kühlen Maske.
Dann beobachtete sie die Anderen, während sie unauffällig nach dem Meister Ausschau hielt.

Der Meister kam in würdevoll langsamen Schritten vom Eingangsbereich her. Sein Blick ging knapp unter den Versammelten hin und her, die respektvoll zurückwichen, um ihm einen Weg zu öffnen. Er war ein Mann von um die fünfzig Jahre, dessen Haar schon schütter war und seine Figur schmächtig. Dennoch gelang es ihm mühelos, Macht und Stärke auszustrahlen, sei es in seinem stechenden Blick oder seiner majestätischen Körperhaltung.

Den einen oder anderen hier grüßte er mit einem knappen Nicken. Nur jene des 6. Zirkels waren unter diesen Glücklichen. Die 7., wie Beth selbst auch, wurden nicht mal eines Blickes gewürdigt. So stieg er einen Treppenabsatz hinauf, sodass er von einer Empore zu den in dem Atrium Versammelten hinabsprechen konnte.

"Brüder und Schwestern im Geiste", begann er salbungsvoll und mit einer sonoren Stimme, die weit trug und die man bei seinem schmächtigen Körperbau nicht erwartete.

"Es ist uns mit dem Erwerb dieser Immobilie und der ihr angeschlossenen Bibliothek ein großer Schritt auf unserem Weg in Baphomets Arme gelungen. Die hier gesammelten okkulten Schriften standen uns so bislang nicht zur Verfügung. Sie waren einst im Besitz von Gerard Lachance, einer unserer größten Vordenker und Wegbereiter neben dem großen Aleister Crowley selbst. Lachance wird gerne vergessen von jenen, die die unvollständige Anschauung der okkulten Welt pflegen - aber er war es, der in seiner Arbeit die Präsenz eines sphärischen Wesens spürte, das er als einen direkten Vertrauten des großen Baphomet beschrieben hat."

Sein Arm griff in einer ausladenden Geste in die Richtung, in der Beth die Bibliothek vermutete.

"Ich glaube - nein, ich bin mir sicher, dass in den hier versammelten Schriften das Geheimnis dieser rätselhaften Entität begraben liegt. Ein Weg, sie zu rufen... womöglich, sie zu einer Übereinkunft mit ihren Beschwörern zu verleiten. Es mag verschlüsselt und versteckt sein, sodass es eine Person alleine niemals finden kann. Aber wir sind viele, eine Legion von Baphomets Gefolgsleuten."

Er streckte seine Handflächen entgegen der Versammelten.
"Ihr alle sollt dieses Geheimnis suchen. Wer es findet und mir bringt, dem sei der Schritt in den nächsten Zirkel gewiss."

Ein aufgeregtes Raunen lief daraufhin durch die Kultisten.

Beth gab sich große Mühe, sich nichts anmerken lassen, schwankte aber innerlich zwischen Bewunderung, ihrer Aufregung und einer merkwürdigen Art von Kränkung. Vielleicht war es auch ein Minderwertigkeitsgefühl...
Sie biss die Zähne zusammen.

"Du bist bemerkenswert gut informiert", raunte sie Tanya zu, den Blick unverwandt weiter auf den Meister gerichtet.

"Ich hab so meine Quellen", wisperte Tanya zurück und lächelte wissend.

Indessen wartete der Meister einen Moment, bis die allgemeine Aufregung etwas abgeklungen war.
"Geht nun, meine Kinder im Geiste. Die Bibliothek steht euch nun offen."
Mit großer Geste deutete er einen Gang hinunter. Kaum hatte er das gesagt, stürzten sich bereits erste ambitionierte Kultisten ebenjenen Flur entlang und gaben sich dabei kaum mehr die Mühe, auch nur die Fassade eines würdevollen Benehmens aufrecht zu erhalten.

Da hörte Beth die Stimme des Meisters erneut. Leise... so leise, sie hatte das Gefühl, dass sie ihn eigentlich gar nicht hören dürfte, stand er doch so entfernt auf seiner hohen Warte.

"Narren... alles Narren seid ihr. Die meisten von euch werden es nie verstehen. Ihr taugt kaum mehr zu Futter für Baphomets Schlund."

Na, schön zu wissen wie viel er von ihnen doch hielt. Aber sie würde sich die Laune nicht noch mehr verderben lassen. Dann war sie halt unwissend. Scheiß drauf, daran könnte sie arbeiten. Solange sie zwischendurch nicht "Futter" wurde...

Oder ging es um einen anderen Fehlschluss...? Sie kniff die Augen zusammen, während sie scharf nachdachte. Ihr Vater würde die Bibel niemals zu den anderen Büchern in das Regal stellen. Dazu war sie ihm zu wichtig. Wäre das Ritual nicht auch... zu wichtig um in der Bibliothek zu stehen? Wo würde sie so ein Ritual aufbewahren...? Wahrscheinlich an einem nicht ganz so offenen Ort... an einem privateren... Und durfte sie überhaupt außerhalb der Bibliothek suchen?

Tanya stand immer noch neben ihr und machte keine Anstalten, sich dem Menschenstrom anzuschließen. Sie schaute Beth mit freundlicher Miene von der Seite an.
"Na? Willst du dich der Suche nicht anschließen?"

Ein halbes Dutzend Meter entfernt sah sie Ba'al, der nun langsam zu ihnen herüberstromerte. Der Meister stand noch immer an der Brüstung des Galeriegangs, die Hände auf das Geländer gestützt und schaute sinister auf die letzten Verbliebenen herab.

"Doch klar...", sagte sie langsam, immer noch in Gedanken. Es müsste ein anderer Raum sein... Vielleicht etwas verstecktes... gehörten zu einem solchen Anwesen nicht Geheimgänge oder so etwas? Oder war es doch ganz einfach das Schlafzimmer... Nein, zu profan. Aber je mehr sie darüber nachdachte, desto wahrscheinlicher erschien es ihr, nicht in der Bibliothek zu suchen...
Und sollte sie Ba'al einweihen?

"Ich warte nur kurz", sagte sie, gab sich Mühe ihr freundlich zuzulächeln und nickte kurz in die Richtung Ba'als. Er hatte sie hierher gebracht... da war er immer noch der beste, um ihre Gedanken mit ihm zu teilen. Und vielleicht hatte er ja auch noch eine Idee..

Sie nickte und ging dann langsam, als vorerst letzte in Richtung Bibliothek.

Ba'al stand jetzt neben ihr und schaute sie nachdenklich an.
"Du willst dieses Buch auch unbedingt finden, oder?"

"Ja", sie nickte und schaute ihn fragend an. War er nun ihr Gegner oder wie sollte sie diese Frage verstehen?

Für einen Moment schwieg er und sah sie nur an.

"Und... du denkst, es ist nicht in der Bibliothek?"

Sie blickte ihn noch eine Sekunde lang einfach nur an, prüfend, dann sagte sie mit leiser Stimme:

"Es ergibt keinen Sinn, dass es in der Bibliothek steht. Bibliotheken sind... zum angeben da. Vor Familie, Freunden, Bekannten... Das Buch ist zu wichtig um da zu stehen."

Sie gab ihm einen kurzen Moment und fragte dann:
"In dem Haus wohnt im Moment keiner, nicht war? Somit könnten wir auch einfach.. an einem anderen Ort suchen?"

Er nickte bejahend.
"Der Meister hat nichts davon gesagt, dass man nur in der Bibliothek suchen darf. Und im Moment lebt hier tatsächlich niemand."

"Okay... du hast  nicht zufällig einen genialen Einfall?", fragte Beth scherzhaft. Bevor sie Ba'al etwas über Geheimgänge erzählte... würde sie sich lieber die Zunge abbeißen.

"Ansonsten würde ich einmal einen Rundgang zur allgemeinen Orientierung vorschlagen..."

"Genialer Einfall? Leider noch nicht..."
Daraufhin sah er sie irgendwie... belauernd... an.

"Gut, gehen wir. Wohin zuerst?"

Es gab, grob gesagt, den westlichen Flügel des Hauses, wo auch die Bibliothek war, einen östlichen Flügel und natürlich das weitläugfige Obergeschoss.

"Nach oben?", schlug Beth vor. Vielleicht waren da ja die privateren Räume. Ein Arbeitszimmer wäre klasse... Oder... ein Schlafzimmer? Nein, bloß nicht!

Naja. Sie lächelte Ba'al an. Was war eigentlich mit ihm los...?

Er nickte und sie setzten sich in Bewegung.

Als sie Ba'al ansah und sich fragte, was mit ihm los sei - sie gingen gerade die Treppe nach oben - hörte sie ein leises Flüstern. Aus unerfindlichen Gründen wusste sie, dass dieses Flüstern von hinter seiner Stirn kam. Sie verstand es nur nicht ganz genau... dafür musste sie genauer hinhören.

Sie machte ein paar schnellere Schritte und versuchte mehr zu verstehen.
Oh verdammt, sie wurde echt verrückt... eine Stimme hinter seiner Stirn? Aber was sagte sie?