[Beth] Hell is just a frame of mind

Wieder stellte sie ein paar neue Fragen auf ihre imaginäre Liste. Sie wurde einfach immer länger...
Wie passierte nun so etwas wieder? War da etwas schief gelaufen? Spielte er deswegen... Proxys ... Laufburschen? Gab es viele die so waren? Und... wie kam er damit klar?

"Das muss hart sein", antwortete sie schließlich nur. Plötzlich erinnerte sie sich daran, wie sie über der Bibliothek gestanden hatte. Da unten ist der Ausgang.

"Du hast die Tür genommen, oder?"
Mist. Sie hatte doch gefragt.

"Hart... naja, schon. Zu wissen, was alles möglich ist, aber selbst nur ein Beobachter zu sein... es hat nur wenige Vorteile."

Sie kamen beim Wagen an und stiegen ein, nachdem Ba'al aufgeschlossen hatte.

Auf die letzte Frage hin verzog er das Gesicht.
"Sowas in der Art", meinte er ausweichend und schien nicht erpicht darauf zu sein, das Thema zu vertiefen.

Kurz schaute sie noch einmal zu Ba'al. Nein. Sie würde nicht mehr fragen, nicht heute. Das musste warten.
Sie heftete den Blick auf das Fenster.

Schweigsam brachte er sie nach Hause. Nicht ganz nach Hause, selbstverständlich. Sie konnte es sich nicht erlauben, von den Nachbarn, oder gar ihren Eltern selbst gesehen zu werden, wie sie aus einem fremden Auto stieg - noch dazu mit so jemandem wie Ba'al am Steuer. Denn da, wo sie in Outer Richmond lebten, hatten sich so einige Mitglieder der Gemeinde, der auch Beth zumindest offiziell angehörte, zusammengerottet. Dort schmiegte sich geschniegeltes Vorbeet an geschniegeltes Vorbeet, die Blumen standen in Reih und Glied und alle possierlichen Häuser waren in warmen Farben getüncht, die herrlich die kaltherzige Dogmatik und rechtschaffene Ignoranz der Einwohner kontrastierten, wie Beth fand.

Ba'al ließ sie also einen Block entfernt aussteigen, und an Ort und Stelle verabredeten sie sich für den nächsten Tag.

Mit schnellen Schritten lief sie von da an nach hause. Kurz überlegte sie noch, einfach durch ihr Zimmerfenster im Erdgeschoss einzusteigen, das zu eben jenem Grund nie ganz verschlossen war und dann später zu behaupten, ihre Eltern hätten nur nicht bemerkt, dass Sie wieder da war. Aber das wäre... kompliziert geworden.

Einfach bei der Geschichte bleiben.
Daheim angekommen, schloss sie die Tür auf.
Leise trat sie ein  vielleicht war ja ein Wunder eingetreten, und sie hatten sie einfach nicht gehört. Sie schob ihre Schuhe unter die Treppe nach oben, hing ihre Jacke auf und ging dann grob in Richtung Küche. Etwas naschen und dann schlafen... Das klang nach einem Plan...

Sowie sie die Tür aufgeschlossen hatte, kam ihre Mutter regelrecht aus der Küche geschossen und baute sich im Flur mit in die Hüften gestemmten Händen auf.

"Und wo warst du, wenn man fragen darf? Wir hatten gesagt, dass du heute zum Mittagessen hier bist!"
Wie immer war ihr Tonfall anschuldigend.

"Sorry, Mum, ich hatte dir doch geschrieben, dass ich mich zu  lernen verabredet hatte. Hast du etwa den ganzen Tag nicht drauf geschaut?", fragte Beth. Mein Gott...

Sie zeigte mit dem Finger drohend auf sie.

"Mit wem hast du dich verabredet?"

"Ich war nicht verabredet in dem Sinne, ich war in der Bibliothek und habe für ein Referat nachgeforscht. Ein vollkommen öffentlicher Ort, okay?", sagte Beth, sehr bemüht nicht so genervt zu klingen  wie sie sich fühlte.

"Und zwar mit Thomas. Weil wir das verdammt Referat zusammen machen. Habe eine Menge über Geheimgesellschaften nachgeforscht, das ist wirklich interessant..."
Zum Glück würde Thommy sie immer decken. Er hatte schon mal als ihre Ausrede herhalten müssen. Und der abgesprochene Ort war immer die Bib.

Sie seufzte genervt.

"Thomas, immer dieser Thomas. Was reizt dich nur an so einem gottlosen Jungen? Es gibt doch wirklich adrette Jungs bei uns in der Gemeinde."
Huldvoll schüttelte sie den Kopf.

"Also gut. Dann iss jetzt wenigstens etwas von den Resten. Und dann machst du deine Hausaufgaben! Ich habe in letzter Zeit den Eindruck, dass du die komplett schleifen lässt. Wenn ich auch nur eine Beschwerde von den Lehrern höre, dann hat sich das mit dem Telefon auch wieder erledigt."

Anstatt weiter über das Thema Thomas oder Hausaufgaben zu reden, sagte Beth nur kurz:
"Danke", sagte sie, drückte ihre Mutter kurz (sonst würde nur noch wieder anfangen einen Vortrag halten... wahrscheinlich über die zehn Gebote... Du musst Vater und Mutter ehren... ), und suchte sich dann in der Küche etwas zu essen.
Reste vom Mittag. Das gute am Resteessen war, dass niemand motzte, wenn man die wirklich widerlichen Teile weg ließ.

Danach verschwand sie in ihr Zimmer und nahm ihren Rucksack mit. Sie würde ja "Hausaufgaben" machen.

Gott - oder wem auch immer sei Dank kam ihre Mutter an diesem Nachmittag nicht mehr auf irgendwelche Ideen. Erst zum Abendessen wurde sie wieder in das Esszimmer zitiert, wo ihr Vater ein umfangreiches Tischgebet sprach und dann schweigsam gegessen wurde.

Spoiler: