[Präludium] Summerbreak

"Grandios... Wo ich die Worte wohl überall auf geschnappt habe..." Er schnaubte verächtlich. Sarkasmus war wohl seine schlechteste Eigenschaft, die er am schlechtesten unter Kontrolle hatte. Er startete einen erneuten Versuch.

"Ich hab Brandleichen aus Autos gezogen, die sahen besser aus als du!"

Es ließ sich zwei zusätzliche Köpfe wachsen, damit es dreifach mit dem Kopf schütteln konnte.

"Viel zu durchdacht."

Ein grollendes Räuspern.

"Pimmellutscher! Arschkrampe! Du Sohn einer räudigen Hure!"

"Hackfresse, Rattenschwanz, Klabusterbeerennascher." zählte er weiter auf, als würde er Vokabeln aufsagen.

Die Goetia stöhnte und schlug sich zwei Hände vor zwei der drei Stirnen.

"Es geht nicht um die Wörter... okay. Beweg deinen Arsch mal nach unten und sag diesem Lovecraft, was du von ihm hältst. Und wenn du Bock hast, verpass ihm mal nen ordentlichen Schlag auf die Fresse!"

Wieder zögerte Richard, als er über die Aufgabe des Goetias nachdachte. Er setzte gerade zu einer Antwort an, als...

"Nicht reden! Einfach machen! Auch nicht nachdenken!"

Es begann, ihn in Richtung der Stiegen zu bugsieren.

"Rache ist Blutwurst!"

Rich leistete keinen Widerstand. Eigentlich hatte das Monster ja Recht... Irgendwie.

"Okay, okay. Ich geh ja schon!" meinte er und lief voran.

Das Ding rutschte direkt hinter ihm her, hin zu der schmalen Holztreppe, die unter einer Falltür verborgen war, wenn man gerade nicht auf dem Dachboden war. Unten ging es durch den Flur und ins Wohnzimmer, wo Lovecraft auf der Couch saß und etwas verwirrt dreinblickte, als das ungleiche Gespann hereinkam.

"Was... ist denn jetzt?", fragte er und schaute zwischen den Beiden hin und her.

"Das hatte ich mich auch gefragt, als du mich meines freien Willens beraubt, mich eingesperrt und mich gefoltert hast." fing er ruhig an. "Aber hat dich das interessiert? Nein... Warum sollte es mich jetzt interessieren, wenn ich deine Grenzen überschreite?" wollte Richard wissen, der sich langsam in Rage sprach und weiter auf ihn zutrat.

"Du hast mich in mehr als eine Realität geschickt, nur um mir etwas beizubringen." Die Pointe, die sich anbahnte, gefiel ihm - sie war irgendwie ironisch. "Vielleicht lernst du jetzt ja was dabei." Er nahm seine Bleimünze in die Hand. "Kopf, oder Zahl?" fragte er, als er ihn böse anfunkelte. Er schnippte die Münze in die Luft und formte vor seinem inneren Auge, wie Lovecrafts Körper sich auf der Ebene verschob, wie er in eine Welt fiel, in der es nur Schatten und Staub gab - zu der er ohnehin gehörte. Früher, oder später.

Die Münze landete in seiner Hand - Der Zauber war gelungen.

"Zahl, ich gewinne."

Spoiler:

Lovecrafts Gestalt flackerte und verschwand. Von ihm war nichts mehr zu sehen und zu hören.

Der Goetia lachte polternd.
"Keine schlechte Rede. Das war unterhaltsam!"

"Oh..." Rich fasste sich in die Haare und rieb sich durchs Gesicht. "Ohh ohh ohhh..." hektisch drehte er sich im Kreis. "Das ist gar nicht gut... Gar nicht gut..."

"Wieso?", kam die verständnislose Frage.

"Auge um Auge. Jetzt könnten wir noch ein wenig die Wohnung demolieren und er sieht von der anderen Seite aus zu."

"Aber das will ich doch gar nicht!" betonte Richard, als er sich erschöpft auf dem Sofa nieder ließ. "Was mach ich denn jetzt nur?"

Spoiler:

Wie wäre es, wenn du deinen Zauber aufhebst?, hörte er Lovecraft in seinem Kopf sagen. Er klang einigermaßen amüsiert.


"Und eben dachte ich noch, du bist doch kein erbärmlicher Langweiler", meckerte das Wesen und starrte ihn böse an.

"Das hat Zeit." sagte Richard entschlossen. Immerhin wusste er jetzt, dass es Lovecraft gut ging - oder er es ihm zumindest vorgaukeln wollte. "Ich hoffe du hast keines deiner Experimente umgebracht, die dich auf der anderen Seite heimsuchen."

Schadenfroh sah er zu dem Goetia.

"Hast du schon einmal etwas Festes gegessen?" fragte er es. Natürlich kannte er die Antwort. "Das musst du mal ausprobieren."

"Warum sollte ich etwas essen wollen?", fragte Sh'aoc ungehalten.

"Lass uns lieber irgendwo hingehen, wo andere Menschen sind."

"Hier gibt es nur Lovecraft." erwiderte Richard ungehalten. Die Idee des Goetias gefiel ihm ganz und gar nicht. "Ich bin damit einverstanden, wenn wir uns hier gehen lassen - aber Unbeteiligte zieh ich da nicht rein!" antwortete er bestimmt.

"Und warum nicht?", frotzelte das Wesen weiter und pflanzte sich währenddessen in den Sessel.

Rich fand eine Antwort, die das Wesen verstehen würde.

"Begnet man Menschen mit Chaos, suchen sie immer nur die Ordnung, um ihr zu antworten." Er sah ihn an, als hätte er gewonnen. "Dann tauchen Ordnungshüter auf und mit denen werden du und deine Spießgesellen schwächer. Und dann ist Schluss mit Lustig."

"Jaja, dann kommt die Polizei", winkte es ab.

"Tu nicht immer so, als wäre ich beschränkt. Aber bis die Bullen hergeeiert sind, sind wir doch längst über alle Berge und haben ein paar Leutchen von ihren Hemmungen befreit."

"Wir können hier glaube ich erst einmal genug Hemmungen abbauen. Immerhin bin ich noch Anfänger." entgegnete er genervt und erhob sich. Dann ging er auf ihn zu. "Also dann..." Er schlug in eins der Gesichter.

"Au!"
Eine der Hände hielt die Wange, die was abbekommen hatte.

"Interessant...", begann ein anderer Kopf, der unbeeindruckt von dem Schlag war.

"... du hast dir zuerst Gedanken um Polizisten gemacht, also um Konsequenzen. Nicht darum, ob es an sich falsch ist, Chaos zu verbreiten."

"So ein Schmarn." entgegnete er knapp. "Ich musste dich doch überzeugen. Mit Moral kann ich da genau so wenig kommen, wie ich es bei Lovecraft tun könnte."

"Du musstest mich überzeugen? Aber ich bin ein Teil von dir."
Der Goetia grinste diebisch.

"Ein Teil von mir, der kein Verständnis von Moral und Anstand hat." stellte er klar. "Aber wenn ich mit meinem Gewissen hätte sprechen wollen, hätte ich Lovecraft gebeten, das zu beschwören. Also spiel dich mal nicht so auf." Da musste er selber Grinsen.