Neue Studien

"Im Anbetracht der Umstände können meine Fragen dann warten."

Er sah zu Angus.

"Musst du nicht irgendwem möglichst zügig Bescheid geben?"

"Wem denn? Wenn das eine Mission für den Orden gewesen wäre, sicherlich. Aber solchen Unsinn wie das hier... auf Immobilien aufpassen... sowas machen wir nicht ohne guten Grund."

Er schüttelte zur Untermalung vehement mit dem Kopf.

"Die Provoste des Konsiliums müssen dafür sorgen, dass die Edikte durchgesetzt werden. Ich mache das nur, um Kivutar zu helfen... ich werd ihr nen Bericht zukommen lassen, aber die Mühlen des Konsiliums mahlen so langsam..."
Er zuckte mit den Schultern.
"Da machts nicht wirklich nen Unterschied, ob ich das jetzt sofort oder in einer Stunde mache. Es ist ja jetzt auch kein Notfall mehr, das heißt, die Wachen würden mir nen Vogel zeigen, wenn ich sie noch dazuhole."

Ein knappes verstehendes Nicken.

"Hattest du versucht seinen Geist zu unterwerfen und das kam dabei raus?" fragte er Angus nebenbei.

Er seufzte.

"Ja... ich wollte, dass er mit den blöden Sperenzchen aufhört. Das hätte ich mal schön bleiben lassen sollen... ich bin ja kein Amtsträger des Konsiliums, also hab ich auch nicht wirklich das Recht dazu, Leuten meinen Willen im Dienste desselben aufzuzwingen."
Er deutete ein Schulterzucken an.
"Nicht, dass mir jemand dafür ernsthaft ans Leder gehen würde, aber trotzdem. Astrein war es nicht."

Phobos zuckte mit den Schultern, nickte dann aber. Kurz überlegte er, ob er Angus anbieten sollte, ihm den Zauber zu lehren, wie Lovecraft ihn lehrte. Aber er wollte eigentlich nicht anmaßend wirken.

"Der Zauber ist sehr schwierig, wenn man wenig Übung mir ihm hat." sagte er stattdessen.

Sie kamen bei einem kleinen, überfüllten Parkplatz an.

"Tja, die habe ich nicht. Ehrlich gesagt bin ich auch kein großer Freund von so drastischen Zaubern wie diesem. Einer der Gründe, warum man Mastigos nicht über den Weg traut, ist, dass einige Leute sehr... leichtfertig mit dieser Art von Zauber umgehen."

"Ich sehe das so, wie man auch mit Waffen umgehen sollte. Man muss mit ihnen umgehen können, wenn man sie einmal braucht - sonst schießt man sich nur selbst ins Genick." Er winkte beschwichtigend ab.

"Nur muss man auch wissen, wann man sie entsichert und bereit ist, den Abzug zu betätigen. Das darf niemals eine leichtfertige Entscheidung sein."

"Klingt fast so als wüsstest du ziemlich genau, wie man mit dieser speziellen Waffe umgeht..."

Er war vor einem dunkelblauen Kleinwagen irgendeiner nichtssagenden japanischen Marke stehen geblieben.

"Ich weiß nicht, ob der Vergleich so ganz richtig ist. Aber im Moment fällt mir auch nichts besseres dazu ein."
Er seufzte.
"Ich brauch ne kalte Dusche..."

Phobos überging Angus Schlussfolgerung.

"Dann steig ein und fahr los." Er deutete auf den Wagen, der sich als rostiger, mir Raureif überzogener Klumpen vor ihnen erhob. Mit seiner anderen Hand griff er in sein Sacko und holte sein neues, veraltetes Handy hervor.

"Ich hab mir ein Schattentelefon besorgt. Wir können jetzt Nummern tauschen." bot er an.

"Ja, lass uns das machen."

Etwas erschöpft diktierte er Phobos seine Nummer und ließ sich kurz anklingeln. Dann stieg er etwas umständlich in das Auto ein. Die Tür waberte einfach um ich herum wie Tinte im Wasser und begann dann langsam wieder in ihre Ursprungsform zurückzufließen.

"Ok... bereit", hörte er gedämpft und verzerrt von drinnen.

"Eins, Zwei..." Phobos beendete den Zauber, der Angus im Zwielicht hielt. Angus hörte die Drei nicht mehr... Da fand er sich in seinem Auto wieder - alleine. "Drei."

Er könnte sich jetzt einfach in sein Auto setzen und mit ihm fahren... Dinge in Erfahrung bringen. Die Neugier dazu war vorhanden. Gleichzeitig blieb da der Anstand.

Phobos stieg nicht ein - aber er wartete ab, ob Angus tatsächlich los fuhr. Ob dies tatsächlich sein Auto war. Er wollte wissen, ob er ihm misstraute.

An dem opulenten Schlüsselbund des Hüters fand sich auch ein Autoschlüssel, der wohl zu dem Wagen passte. Wenige Augenblicke später ließ er den Motor an und parkte aus, um dann den Parkplatz zu verlassen und nach links in die Straße einzubiegen.

Er schloss die Augen, sah sich nach Sh'aoc um, indem er durch ihn sah und suchte sich einen guten Ort, um dort wieder auf seine Heimatebene zurück zu kehren.

Sh'aoc war irgendwo in der Nähe des Parkplatzes und sah dem wegfahrenden Auto von Angus hinterher.

Er befand sich hier in einer einigermaßen belebten Gegend - aber mit etwas Geduld würde er sicher einen einigermaßen unbeobachteten Ort finden, um aus dem Zwielicht zurückzukehren. Zwischen parkenden Autos oder in einer Einfahrt - oder in einer öffentlichen Toilette.

Sein Auto parkte ja ganz in der Nähe, also suchte er sich das, stieg, verließ jenes 'Dort' und kehrte zurück in dieses 'Hier'.

So richtig Lust hatte er auf das sich anbahnende Gespräch mit Sh'aoc nicht... Du Langeweiler, es wurde gerade erst spannend und du musstest alles kaputt machen. Irgendwie sowas würde die Goetia ihm sicher gleich erzählen.

Tatsächlich dauerte es nicht lange, da lümmelte sich Sh'aoc auch schon auf dem Beifahrersitz.

"Das war spannend... aber es hätte noch spannender sein können. Warum hast du die das nicht unter sich ausmachen lassen?"
Neugierig schaute das Wesen ihn an.
"Du bist doch sonst niemand, der seinen Hals für andere riskiert...siehe Lovecraft. Und jetzt bist du diesem Kapoonis-Menschen auf die Füße gestiegen."
Sie lachte hüstelnd.

"Manche Risiken bin ich bereit einzugehen und andere nicht." antwortete er, während er den Weg zurück nahm.

"Aber um die Wahrheit zu sagen, hatte ich nicht all zu viel Zeit, um alle Faktoren abzuwägen und musste aus dem Bauch heraus entscheiden."

"Soso. Naja, ich bin mal gespannt, wie dann das treffen mit diesen freien Leuten übermorgen läuft."
Sh'aoc lächelte in sich hinein.

"Meinst du, sie haben schon einen Lynchmob für dich zusammengestellt?"

"Noch wissen sie ja nicht, dass ich vorhabe zu ihnen zu gehen."

Er legte den nächsten Gang ein und hielt den Knauf einen Moment lang fest.

"Wenn ich das noch habe. Ich werde mich vorher mit einem... Thearchen beraten, schätze ich. Entweder ich habe nichts getan, oder ich habe einem Kriminellen bei der Flucht geholfen - je nach dem."

Sh'aoc lachte leise.

"...ah... ich bin mir sicher, Thearchen geben völlig unvoreingenommene Beratungen zu diesem Thema ab."

Phobos musste mitgrinsen.

"Ja, bestimmt. Sie werden mir gleich sagen, dass das Konzil nun meinen Skalp will und mit Fackeln und Mistgabeln hinter mir her sein wird."

Richard hielt an einer Ampel.

"Kam dir an Kapoonis irgendetwas seltsam vor?" fragte er Sh'aoc.

"Seltsam? Inwiefern?"

Der Goetia schaute interessiert aus dem Fenster zu iner Gruppe Jugendlichen, die gerade eine Wand besprayten.

"Er war besser drauf als gewisse anwesende Langweiler."

"Ich könnte mir vorstellen, dass diese Zusammenkunft inszeniert wurde." erklärte er. "Als Test und im mich auf die Seite der Hüter zu ziehen."

Richard fuhr wieder los.

"Dieser Mann könnte ein Schauspieler gewesen sein."

"Aha... tja, also ich habe ja etwas Abstand gehalten und deshalb das ganze nur aus der Ferne beobachtet."

Sh'aoc sah wieder zu Phobos, nachdem die Jugendlichen außer Sicht geraten waren.

"Aber wenn das ein Schauspieler war, würde das nicht spätestens übermorgen auffallen? Nicht, dass ich es diesen Hütern nicht zutrauen würde... aber wenn sie dich austricksen wollen, sollten sie das nicht etwas cleverer machen?"

"Bei einem Test wäre das egal - oder es könnte ein Spion der Hüter beim Konzil sein." dachte er laut nach. "Außerdem hat dieses Ereignis mich schon darüber nachdenken lassen, ob ich überhaupt dort noch hingehe..."

Er kratzte sich kurz das Kinn.

"Aber am wahrscheinlichsten ist, dass es tatsächlich nur ein Zufall war."