Was riecht denn da so gut....

Fay besah sich ihre alten Bilder einige Zeit, dann beschloss sie, sich die neuen Fotos anzusehen. Die Früchte der gestrigen Nacht.
Sie ging in ihr Zimmer, baute den Computer auf dem Schreibtisch auf und lud alle Bilder von der Kamera auf den PC.
Bild für Bild ging sie alles durch, suchte nach besonders hervorstechendem Material, irgendetwas was sie nochmal näher betrachten sollte, wenn sie sich heute Abend auf den Weg machte.
Um es diesmal nicht zu spät mit ihrem Fotostreifzug zu starten, schaltete sie den PC ab und machte sich fertig.

Bequeme nicht hinderliche Kleidung, Fotoausrüstung und sie war bereit. Sie ging den Flur möglichst leise entlang und verließ die WG.

Die Wände des Innenhofes waren mit Murals, den für San Francisco und besonders den Mission District typischen Wandmalereien, bemalt. Die Murals waren sehr unterschiedlich, weil von verschiedenen Künstlern. Viele davon waren von Leuten aus ihrer WG gemalt worden.

Eins fiel ihr gerade besonders auf - nicht weil es sehr detailgetreu und stilistisch schön ausgeführt war - sondern weil sich irgendein grober Klotz daran zu schaffen gemacht hatte! Den zwei Engeln in dem Motiv waren die Augen weggekratzt worden. Jetzt starrten hässliche weißgraue Flecken aus den filigranen Gesichtern hervor.

Sie schaute sich das Bild länger an, dann fing sie an aus verschiedenen Positionen Fotos von der verschandelten Malerei zu schießen.

Wer tut so etwas bloß, dass war nicht fair.
Sie hatte beim Einzug schon direkt darüber nachgedacht, auch mal ein Mural zu schaffen. Wo sie das jetzt sah, überkam sie Wut sie konnte nicht verstehen und wollte es auch nicht. Der Gedanke das einfach jemand herumläuft und das zerstört was andere geschaffen haben, fand sie furchtbar und traurig.

Mit dieser stimmung machte sie noch einige Aufnahmen.

Als sie gerade aus einem sehr scharfen Winkel fotografierte, fiel ihr ein größerer Stein auf, der nahe dem nördlichen Ausgang aus dem Hof auf dem Boden lag. Er fiel ihr auf, weil er nicht auf der flachen Seite lag, wie die anderen kleinen Steine überall, sondern er stand sozusagen aufrecht.

Sie konzentrierte sich um und begann den Stein zu fotografieren, dabei ging sie näher und näher an den Stein heran.
Als sie nah genug am Stein war, besah sie sich den Stein und machte eine Nahaufnahme.

An der Spitze waren deutlich Abnutzungsspuren zu erkennen. Und was auch ins Auge fiel, waren die Linien, die jemand mit einem Nagel oder ähnlich hartem Gegenstand in den Stein hineingeritzt hatte. Sie bildeten ein merkwürdiges Symbol.

Spoiler:

Sie fuhr mit einem Finger eine Kante des Steins entlang... sie war etwas schroffer als die anderen drei. Das sah so aus wie eine relativ frische Bruchstelle. Wenn man sich vorstellte, dass der Stein vorher vielleicht doppelt so groß gewesen wäre, dann wäre es fast sowas wie ein kleines Täfelchen aus grobem Stein gewesen, auf dem links dieses Symbol stand. Aber wo war die andere Hälfte? Oder war nur ein sehr kleines Stück von dem Stein abgebrochen? Das konnte sie nicht sicher sagen.

Fay hockte auf dem Boden.
Nachdem sie den Stein genauer Untersucht hatte, schaute sich sich das Symbol nochmals an und überlegte ob sie das schon mal gesehen hatte.

Sie griff in ihre Tasche, mit der Fotoausrüstung und holte ein Makro-Objektiv heraus.
Nachdem sie das Objektiv auf dem Standard -Objektiv angebracht hatte, machte sie ein paar Nahaufnahmen von dem Stein.
Die schroffe Bruchkante und das Symbol, sie versuchte möglichst alles festzuhalten, was sie entdeckt hatte.
Nach einiger Zeit und vielen Aufnahmen später, begann Fay um den Stein herum alles genau abzusuchen, es durfte ihr nichts entgehen und ganz vielleicht fand sie den Rest des Steins.

Sie überlegte ob der Stein wohl dazu benutzt wurde, um die Verschandlung an dem Engels Mural anzurichten, aber warum dann die Mühe vorher etwas in den Stein hinein zu kratzten.

Das Symbol sagte ihr nicht viel. Es sah ein bisschen aus wie ein besoffen gemaltes kleines R, aber vermutlich war das nicht das, was es bedeuten sollte. Der Stein war an den oberen Ecken abgenutzt, das war schonmal ein Indiz dafür, dass jemand mit diesem Stein den Engeln die Augen ausgehackt hatte - ein Beweis war es freilich nicht.

Spoiler:

Eine Stunde lang suchte sie jetzt schon in dem Hof herum, langsam neigte sich der Tag und es begann zu dämmern.

Erstmal war es erstaunlich, was in so einem Innenhof alles an Zeug herumflog. Sie fand Förmchen für einen Sandkasten, versteckte Müllsäcke hinter einer Hecke, ein paar Münzen, Papierschnipsel, drei alte Zeitungen und ein halbes Dutzend größerer Steine - bloß alle ohne irgendwelche Symbole drauf, und keiner passte an die Bruchstelle.

Der Boden des Hofes war gepflastert. Allerdings gab es ein paar Blumenbeete und Grünflächen. Erde und Staub bedeckten das Pflaster daher teilweise, und so konnte man Spuren ablesen. Bloß, dass natürlich viele Leute hier durchlatschten und sie keine geübte Fährtensucherin war. Eine Sache fiel ihr aber auf. Dünne, parallele Linien, teilweise unterbrochen, weil nicht genug Staubdreck da war, damit Spuren sichtbar waren. Es sah so aus, als hätte jemand einen Einkaufswagen hier durchgeschoben, und zwar vom südwestlichen Eingang zum nördlichen Eingang, wo auch der Stein gelegen hatte. Jedenfalls viel ihr nichts anderes ein, das solche Linienmuster hinterließ. In der Mitte des Hofes waren ein paar Unregelmäßigkeiten in den Spuren. Möglich, dass da der Wagen abgestellt worden war für eine nicht erkennbare Dauer.

Ob dieser Wagen etwas mit dem beschädigten Mural zu tun hatte, stand auf einem ganz anderen Blatt, da konnte man nur spekulieren. Es war lediglich die Einzige wirkliche Auffälligkeit, die sie bis jetzt entdeckt hatte.

Spoiler:

Sie ging noch ein paar mal auf und ab während es dunkler wurde. Einer Eingebung folgend verließ sie den Innenhof durch den nördlichen Ausgang und sah sich an der Straße ein bisschen um. Häuser mit winzigen Gärten auf der gegenüberliegenden Seite. Ein kleiner Parkplatz. Dann fiel ihr Blick auf den Kiosk, der praktisch direkt neben dem Eingang zum Hof war - ein kleines Lädchen, das noch irgendwie mit in das größere Wohngebäude gequetscht war.
Oben über der Tür hing eine Kamera, und vom Winkel her müsste diese nicht nur den Eingangsbereich vor dem Kiosk sondern auch den Hofeingang filmen.

Gepackt von ihrer Neugierde ging Fay hinüber zum Kiosk, sehr praktisch das der sich ausgerechnet hier befand.

Gleich könnte sie sicher jemanden drinnen fragen, ob man sich die Video aufnahmen von heute mal anschauen durfte. Jetzt musste sie nur hoffen das der Kiosk noch offen hatte.

Er war offen bis 23 Uhr, und so spät war es noch lange nicht. Drinnen waren auf engstem Raum Regale bis an die Decke mit Süßigkeiten, alkoholischen sowie non-alkoholischen Getränken, Tabak und allerlei anderem Zeug vollgestellt. Ein jüngerer asiatischer Mann stand hinter dem Tresen und lächelte freundlich.

"Schönen guten Abend."

"Ebenfalls einen Schönen Abend"
Gab sie freundlich, lächelnd zurück und ging auf ihn zu.

"Ich hätte da eine Bitte, wenn es ihnen keine Umstände bereitet. Ich bin vor ein paar Tagen hier um die Ecke eingezogen und war draußen um ein paar Fotos zu machen. Ich suche jemanden der etwas im Innenhof hinterlassen hat und habe gesehen, dass sie hier eine Kamera haben, die Aufnahmen könnten mir helfen denjenigen evtl. ausfindig zu machen. Das würde mir viel bedeuten...ich brauche für eine Ausstellung nämlich gute neue Fotos und die ist schon Übermorgen...entschuldigen Sie ...ich hoffe sie können mir da weiter helfen."

Er blinzelte überrascht.

"Hm? Fotos? Kamera? Jemand hat was hinterlassen?", versuchte er das alles zu ordnen.

"Ähm... was hat das denn alles miteinander zu tun?"

" Ich möchte einen Menschen finden, den ich nicht kenne, der im Innenhof neben ihrem Laden, wo ich wohne, etwas interessantes hinterlassen hat."

Sie schaute ob sie seine Aufmerksamkeit hatte und lächelte ihm aufmunternd zu.

"Ihre Kamera hat diesen Menschen höchstwahrscheinlich aufgenommen. Und es wäre super wenn ich mir die Aufnahmen der Kamera von heute anschauen dürfte,wenn das für sie in Ordnung ist."

Er presste die Lippen aufeinander.

"Also... eigentlich soll die Aufnahmen keiner Angucken, wegen Privatsphäre und so."

Er seufzte.
"Aber gut. Ausnahmsweise. Komm mit."

Er winkte sie zu einer schmalen Tür hinter dem Tresen. Da war ein winzig kleiner Raum mit einem Schreibtisch, Regalen mit Ordnern und zwei weitere Türen. Auf dem Schreibtisch war ein Computer aufgebaut, der im Moment im Bildschirmschoner war. Er ruckelte an der Maus, klickte dann etwas herum und schob ihr den Stuhl zurecht.

"Das ist das Programm zum Anzeigen der Feeds. Es gibt einen von der Kamera im Laden und einen von der draußen. Das ist doch der, den du haben wolltest?"
Er deutete auf ein relativ gutes Bild vom Kioskeingang und der Einfahrt des Hofes.
"Damit kann man zurück gehen."
Er zeigte ihr das entsprechende Bedienfeld.

"20 Minuten, okay? Sonst wirds mir zu heikel."

"Vielen, vielen Dank. Super lieb. Ich beeile mich auch."

Sie lächelte nochmal dankend, dann setzte sie sich und schaute sich die Aufnahmen vom Hof an.

Irgendwo auf den Aufnahmen musste doch zu sehen sein, was sich im Innenhof abgespielt hatte.
Sie schaute genau hin, damit sie nichts wichtiges übersah.

Sie sprang ein bisschen hin und her, ließ das Band generell etwas verschnellert rückwärts laufen. Nach knapp 15 Minuten hatte sie es.

Eine gebückte Gestalt, von der Statur her eine Frau, mit Kapuze und dunkler, zerschlissener Kleidung kam einen Einkaufswagen vor sich herschiebend aus dem Hofeingang. Sie hatte irgendwas in der rechten Hand. Könnte ein Stein sein, aber man konnte es nicht erkennen. Eine helle, krause Haarsträhne fiel unter der Kapuze hervor. Sie schob den Wagen, der voller Taschen und Plastiktüten und irgendwelchem Geraffel war, vor den Kiosk, legte was immer sie in der Hand hatte in eine der vielen Tüten und betrat den Laden.

Drinnen eierte sie etwas zwischen den Regalen herum, nahm sich einen Schokoriegel und eine Flasche Schnaps und verhandelte dann eine Weile mit dem Verkäufer, der immer angepisster aussah und schließlich mit Nachdruck auf die Tür zeigte. Die Aufnahme hatte keinen Ton, deswegen konnte sie nicht hören was gesagt wurde.
Die Kapuzenfrau ließ die Flasche zurück, steckte heimlich den Schokoriegel in ihren Ärmel und verließ den Laden.

Draußen ging sie zu ihrem Einkaufswagen und zockelte dann mit diesem davon.

Fay nahm sich einen kleinen Block und einen Stift aus ihrer Tasche und Schrieb in Stichpunkten das wichtigste auf.
Sie machte noch ein Foto vom Monitor, der gerade ein gut erkennbares Standbild der Frau zeigte.

Sie schaute weiter das band durch, evtl. konnte sie noch sehen was die Frau machte nachdem sie den Laden verließ, oder sah sie vielleicht noch etwas was ihr vorher entgangen war.

Der Ausschnitt, den die Kamera zeigte, war nicht wesentlich größer als der Eingang vom Kiosk und die Einfahrt zum Hof. Daher konnte sie auch nichts anderes mehr herausfinden. Nachdem die Frau den Laden verlassen hatte, war sie relativ schnell mit ihrem Wagen aus dem Bild verschwunden. Immerhin wusste sie, in welche Richtung.

Fay schloss das Fenster mit den Aufnahmen zum Eingangsbereich des Kiosk, stand auf und schob den Stuhl an den Schreibtisch heran.
Sie ging zur Tür in den Kiosk Verkaufsbereich und öffnete diese Vorsichtig um schauen zu können ob Kundschaft im Laden war, da niemand zu sehen war, trat sie wieder in den Verkaufsraum hinein und schloss die Tür hinter sich.
Sie ging zum Verkäufer hin, nahm auf dem weg zum Verkaufstresen eine kleine Flasche Saft aus einem Regal und stellte sie vor ihm ab.
"Die hier hätte ich gern."
Sie holte ihre Geldbörse heraus.
" Danke für ihre Hilfe, hat mir ein bisschen weiter geholfen...ohhh und die seltsame Frau die heute hier drin war ,die mit dem Schnaps, die hat ihnen einen Schokoriegel gemopst."