Was riecht denn da so gut....

"Gelesen?" Fay klang verwundert.
"Ich bin erst vor ein paar Tagen hier in die Missions gezogen. Ich weiß von der Geschichte diese Viertels leider noch nicht wirklich viel."

"Ist es denn etwas was man wissen sollte?"

"Aha..."

Sie schwieg kurz, inzwischen hatten sie fast das Ende der Gasse erreicht, wo es wieder auf die offene Straße ging, die aber nicht sehr belebt war.

"Naja... vor etwa drei Jahren hat eine Familienmutter in diesem Haus ihren Mann und ihre drei Kinder vergiftet. Die Bevölkerung nennt sie La Madre Cianuro - die Blausäure-Mutter. Viele Latinos glauben, das Haus sei verflucht."

Spoiler:

Die Geschichte hatte sie auch schonmal gehört. Es hieß, La Madre sei nach ihrer Tat völlig verrückt geworden und in eine geschlossene Nervenanstalt gesperrt worden. Sie hatte behauptet, die blaue Stimme hätte ihr gesagt, was sie machen müsste - und sie hat nur gehorcht. Vor allem die spirituell angehauchten Anteile Latino-Bevölkerung glauben an einen Fluch. Irgendjemand hatte auch mal von dämonischer Besessenheit gesprochen.

Fay hatte lediglich nicht gewusst, dass das Haus, in dem das ganze stattgefunden hatte, einfach so in der Gegend herumstand.

Fays Stimme klang traurig, mit einem vorwurfsvollem, wütendem Unterton.

"Diese Geschichte kenne ich gut." Sie schluckte

"Ich wusste nicht, dass ES hier geschehen ist."
Kurz schwieg Fay.

"Eine der schlimmsten Sachen wenn eine Familie zerstört wird. In meinen Augen."
Sie seufzte.

Sie waren an der Straße angekommen. Chloe drehte ihren Rollstuhl, sodass sie Fay anschauen konnte.

"Ja, das ist sehr schlimm. Und nochmal besonders schlimm, wenn es aus dem Inneren der Familie selbst heraus geschieht."
Ihre Stimme klang etwas bitter.

"Eigentlich will man doch daran glauben, dass man im Schoß der Familie sicher vor allem Unheil ist. Aber das ist eine Illusion, fürchte ich."

Sie legte den Kopf schräg.
"Wie erklären Sie sich das... dass Sie sich zu diesem Ort hingezogen fühlen? Bis eben wussten Sie ja noch nicht, was hier passiert ist."

"Man sollte eine Familie haben dürfen, keiner sollte einem die Familie nehmen, ob das von außen geschieht oder noch schlimmer aus dem inneren heraus. Niemand sollte das erleiden müssen... seine Familie zu verlieren."
Wieder klang Fay traurig ,aber nun schwang auch bei ihr ein bitterer Ton mit.

Nach einer kurzen Pause, in der sie wieder einmal einen glasigen, verträumten Blick hatte, raffte sie sich zusammen und beantwortete noch die Frage, die ihr Chloe gestellt hatte.


"Wegen dem Haus...Es sind immer seltsame Orte und Häuser wie dieses hier, die mir auffallen."

"Irgendwie bin ich empfindsam für solche Orte, anscheinend mit seltsamen oder schrecklichen Geschichten. Genau genommen kann ich mir das aber selber nicht mal richtig erklären. Entschuldigen Sie Chloe, dass ich sie damit genervt habe. Manchmal klingt das ganze etwas seltsam, das ist mir klar."

Fay sah etwas mitgenommen aus.

"Die Welt ist nicht fair", meinte Chloe seufzend.
"Die einen verlieren so viel und sind von Schicksalsschlägen gebeutelt, andere steigen dafür auf wie Kometen."
Sie zuckte mit den Schultern.
"Es ist nicht fair", sagte sie nochmal, leiser.

"Oh, keine Sorge, ich war nicht genervt. Eher... verwundert. Es klingt schon seltsam. Aber ich habe auch schon seltsameres gehört."
Chloe musterte sie.
"Ist alles in Ordnung? Ich hoffe doch, die Geschichte wird Sie nicht zu sehr aufgewühlt haben?"

Fay dachte nach.Chloe musste selber miese Schicksalsschläge erlebt haben, wenn sie so etwas sagte, in dem Tonfall.

"Gut das es Sie nicht gestört hat, manchmal bin ich mir bei solchen Gesprächsthemen nicht sicher, ob man solche Sachen einfach erzählen sollte.
Wegen der Geschichte... ich finde das Thema Familie nur etwas schwierig.
Aber die Geschichte, die kannte ich bereits, nur wusste ich einfach nicht, das es hier an diesem Ort passiert ist."

"Fast schon gruselig, dass ich das Haus so Interessant fand, wo ich die Geschichte, die dort passierte, so Furchtbar finde."

"Danke das Sie sich mit mir darüber Unterhalten haben."

Jetzt konnte Fay wieder etwas lächeln ,wenn auch etwas traurig.

Sie lächelte schwach.
"Das verstehe ich. Manche Leute halten einen schnell für übergeschnappt, wenn man von so etwas wie dieses... Gespür von Ihnen erzählt."

Sie nickte, schien etwas zum Thema Familie sagen zu wollen, schwieg dann aber doch dazu.

"Keine Ursache. Ich gebe Ihnen einen gut gemeinten Rat: Gehen Sie nicht in dieses Haus... wenn Sie das überhaupt vorhatten. Ich glaube es ist egal, ob man an Flüche oder Dämonen glaubt, aber manche Steine sollte man besser nicht umdrehen."

Überrascht von ihrem Rat und auch davon wie gut Chloe, Fay einschätzen konnte ...nein eher, wie sie wusste was Fay vorhatte. Sie nahm sich zusammen. Es könnte stimmen und Chloe war vielleicht wie sie selbst, nur hatte sie vielleicht Eingebungen die sich auf Menschen bezogen vielleicht... oder sie redete sich mal wieder zu viel ein und hatte zu viel Fantasie. Auch wenn es toll gewesen wäre mal Menschen kennenzulernen die genau so seltsam wären wie sie selber. Fay sammelte sich nochmals.

"Ja, die meisten Leute halten einen schon für viel weniger, als für meine Eingebungen, als jemand übergeschnappten...naja ich glaube nicht das meine komischen Gefühle, mich gleich zu jemand Verrücktem machen. Ich weiß es gibt viel mehr als das, was wir so sehen und zu sehen glauben."

"Das mit dem Haus, da kann ich sie beruhigen, ich hatte vor ein paar Fotos zu schießen, ja. Aber ich mache meistens nur Außenaufnahmen von Häusern."

Fay Überlegte das wenn sie morgen Abend noch Besuch von Joey bekam und die beiden dann zusammen zu dem Auftritt von Savage Sorrow, in diesem bescheuerten Weiber Clubhaus gehen wollten, sie sich heute wirklich nicht leisten konnte wieder die ganze Nacht bis in den Morgen hinein, damit zu verbringen zu Fotografieren. Aber ein paar weitere Stunden würden ja auch reichen, für das was sie gleich noch erreichen wollte.

Sie nickte, wirkte fast etwas beruhigt als Fay erklärte, dass sie nur Außenaufnahmen machen wollte. Dann kramte sie ein Mobiltelefon aus ihrer Handtasche hervor.

"Ich möchte Ihnen eine Nummer geben - von einer Frau, die Ihnen vielleicht mehr erzählen kann zu diesem Gefühl von Ihnen."

Sie lächelte schwach.
"Und dann wird es auch Zeit, dass ich mir ein Taxi rufe. Also..."
Sie diktierte eine Mobilnummer.

Fay kramte ihr Handy heraus, nachdem Chloe sagte sie gäbe ihr eine Nummer.
Und tippte die diktierte Mobilnummer, in ihr Handy hinein.

"Hätten sie auch einen Namen für mich? Damit ich weiß zu wem die Nummer gehört."
Fay sah Chloe an.

Sie schüttelte den Kopf.

"Sie ist eine Freundin, aber ob sie Ihnen ihren Namen geben will, das lasse ich sie lieber selber entscheiden. Nichts für ungut."

"In Ordnung. Danke hierfür." Fay tippte auf das Handy und lächelte, sie sah wieder etwas glücklicher aus.

"Ich freue mich das ich Sie hier heute getroffen habe."

"Und jetzt wollten sie ihr Taxi rufen, oder?"

Sie nickte.

"Ja. Sie müssen nicht warten, ich komme schon zurecht."

"Nochmals Danke. Es war toll sie kennenzulernen, kommen sie gut nach Hause Chloe. Ich hoffe wir sehen uns irgendwann wieder. Überlegen Sie es sich, wegen der Vernissage. Wiedersehen."

Fay lächelte ihr warm entgegen. Sie mochte Chloe irgendwie obwohl sie, sie nicht mal richtig kannte.

"Ich denke darüber nach. Auf Wiedersehen."

Sie blieb an Ort und Stelle stehen. Sobald Fay ein paar Meter weg war, wählte sie eine Nummer auf ihrem Telefon und hielt es sich ans Ohr.

Fay ging die Seitenstraße zurück, zu dem Haus. Beim laufen tippte sie in ihr Handy, dass sie immer noch in der Hand hielt einen Namen zu der Nummer dazu: Chloes Freundin, dahinter setzte sie einen lächelnden Smiley.

Das Haus lag dunkel und ominös vor ihr. Vor allem mit dem Gefühl, das sie noch immer hatte, wirkte es, als hätte es eine eigene Präsenz. War da ein Gesicht im Fenster? Sie blinzelte... nur ein Schatten. Jemand an der Tür? Nein... nur eine Efeuranke. Und Dunkelheit.

Nach einer geeigneten ersten Stelle suchend, von der sie einen guten Blick auf das Haus hatte und ein paar erste gute Aufnahmen machen konnte, ging Fay an den Zaun heran.
Sie probierte hier schon mal ein paar Aufnahmen aus, um zu sehen wie es mit dem Zaun auf den Bildern wirkte.

Dann schaute sie nach, ob sie das Grundstück betreten konnte ohne über den Zaun klettern zu müssen.

Vorne an der Straße hatte sie Bretter gesehen, die vor Türen und Fenster genagelt worden waren. Aber wenn sie nach vorne ging, würde Chloe sie definitiv wieder sehen können.

In dem Hof gab es eine Tür, die nicht komplett verrammelt war, aber in den Hof kam sie nur entweder durch über den Zaun klettern - immerhin kein Stacheldraht - oder durch das Tor, dass allerdings mit einer rostigen Kette und Vorhängeschloss verriegelt war.

Fay atmete tief durch. Ihr lief ein Schauer über den Rücken, sie hatte überall Gänsehaut am Körper.
Obwohl sie so ein Gefühl des Unwohlseins hatte, sie musste näher an das Haus heran.

Sie schnürte ihre Ausrüstung fest an sich und vergewisserte sich, dass nichts sie beim Klettern stören würde, aber auch das alles sicher Verpackt war, es sollte ja nichts Kaputt gehen.
Fay überprüfte den Zaun, ob man daran ohne Probleme hoch klettern konnte.

Dann machte sie ein paar Schritte zurück, so viele, dass sie gut am Zaun hoch klettern konnte.
Sie lief los, stieß sich an passender Stelle vom Boden ab und sprang ganz oben an den Zaun dran.
Mit ihren Händen zog sie sich dann das letzte Stück hoch, um sich sofort anschließend über den Zaun zu schwingen, gleich auf der anderen Seite sprang sie herunter und landete, abfedernd in die Knie gebeugt.

Sie schaute sich um, hier im Innenhof hatte mein einen viel besseren Blick auf das Haus.

Der Zaun erlaubte es, die Füße zwischendrin auf die Sprossen zu setzen, daher war es fast so, wie wenn man eine Leiter hochkletterte... eine von Fays leichtesten Übungen.

Der Boden fühlte sich steinig unter ihren Füßen an - zwischen den Pflastersteinen waren aber große Lücken entstanden. Es war relativ dunkel, nur etwas Streulicht von der Nahen Straße erlaubten es, geradeso Umrisse zu sehen. So konnte sie nur zwei zugenagelte Fenster in Bodennähe und die Tür ausmachen - allerdings zunächst aus Lichtmangel ohne Details.

Aus ihrer Tasche holte sie eine Taschenlampe heraus. Sie lächelte und freute sich über ihre gut gepackte Tasche. Da kam wieder dieses Schaudern, schnell leuchtete sie um sich. Dann leuchtete sie vorsichtig das Haus ab und schaute von wo aus sie gut Fotografieren konnte und was es alles zu sehen gab.

Sie hockte sich auf den Boden, legte die Taschenlampe genau neben sich und holte ihre Kamera aus der Ausrüstungstasche. Sie checkte die Kamera und stellte alles für die Nachtfotografie ein, die Blende zuerst danach die Belichtungsdauer.
Sie überlegte kurz und packte dann noch ein Teleskopstativ aus ihrer Tasche aus. So würde das mit der langen Belichtungszeit auch kein Problem darstellen.

Als alles soweit fertig war, stellte sie das Stativ an passender stelle auf und befestigte die Kamera.
Sie machte ein paar Probeaufnahmen bis ihr, Beleuchtungszeit sowie der Winkel für das Foto gefielen.

Sie Konzentrierte sich, lies dieses Gefühl des Schauderns und Unbehagens ganz auf sich einwirken um den richtigen Moment abzupassen.

Im Kegel der Taschenlampe, der gespenstisch herumtanzte, konnte sie ihre Umgebung wesentlich besser erkennen. Sie sah die morsche Tür, die Risse in den Wänden, in denen sich Efeuranken einkrallten, die rostigen Nägel, die aus den Holzbrettern ragten, mit denen man die Fenster verbarrikadiert hatte. Und Blumen. Aus der harten Erde nahe der Häuserwand wuchsen vereinzelt Blumen, deren violette Farbe aus dem ganzen braun, grau und grünlich der Umgebung hervorstach.