Way Down In The Hole

Der Türsteher, ein afroamerikanischer Berg von einem Mann mit Glatze und schwarzer Sicherheitskleidung sah ihn durchdringend an.

"Bist du auf der Liste? Wenn ja: Name. Ansonsten... hinten anstellen."

"Kann schon sein. Rob Savage." sagte er knapp angebunden.

Er blätterte auf seinem Klemmbrett herum. Der andere Türsteher sah einen Moment so aus, als ob er etwas sagen wollte, tat es aber dann doch nicht.

"Stehst nicht drauf."
Er ließ die Blätter wieder zurück in die Ausgangsposition schnacken.

"Ab nach hinten!"

"Kay."

Rob war keine Diva. Also zuckte er mit den Schultern, drehte sich um, ging die Schlange nach und suchte dabei nach jemanden, der ihn irgendwie bewundernd ansah. Die erste Person, die das tun würde, würde er anquatschen.

Drei Mädels in knappen und mit Nieten übersähten Outfits tuschelten aufgeregt, als er vorbeikam und warfen ihm entsprechende Blicke zu.

"Hey Ladys." grinste er sie an und lehnte sich dabei lässig über die Absperrung. "Darf ich mich dazu gesellen?"

"Klar", hauchte eine sofort. Die anderen nickten eifrig.

Er warf erst ein Bein über die Absperrung. Dann das andere.

"Cool von euch." sagte er und reihte sich bei ihnen ein. Er roch nach Gras, Leder und Schnaps. "Die Schlange kann man sich echt nicht geben." Er sah zwischen ihnen hin und her. "Und wer seid ihr?"

Hinter ihnen murrten zwar ein paar Leute über den 'Vordrängler', wurden aber von den Mädels ignoriert.

"Ich bin Kelly."
"Deborah."
"Hi... Jenny!"

"Wer du bist wissen wir", meinte Kelly und grinste. Die anderen beiden kicherten. Kelly - wohl die Sprecherin der drei - fuhr fort:
"Warum haben die vertrottelten Türsteher dich nicht reingelassen?"

"Kelly... Deborah... Jenny." Er nickt jedem von ihnen kurz zu.

"Ich bin halt spontan hierher gekommen und steh deshalb nicht auf der Gästeliste." erklärte er. "Find ich aber gut, wenn man da keine Extrabehandlung kriegt, nur weil man das Gesicht ab und an in der Zeitung sehen kann." Er nickte anerkennend. "Im Ernst. Bin ja auch nur 'nen normaler Mensch."

Die Mädels wechselten Blicke, aus denen ihr Widerspruch zu seiner letzten Aussage sprach. Aber offen widersprechen taten sie ihm natürlich nicht. Kelly zog eine kleine, flache Flasche aus ihrer Handtasche.

"Schnäppschen?", fragte sie Rob und hob die Flasche.

"Auf ganz normale Menschen!", prostete sie und nahm einen ordentlichen Schluck, nur um sich danach zu schütteln. Die Flasche ging nun rum.

"Bah... ekliges Zeug."
Es war ein einfacher Klarer.

"Muss ja alle werden, bevor wir die Taschen kontrolliert werden, was?", grinste er sie an. "Auf ganz normale Menschen!" prostete er ebenfalls in die Runde

Rob grinste und nahm einen Schluck.

"Ahhh." Dann reichte er die Flasche wieder weiter.

"Quatsch, das steck ich dann vorher zu meinen Titten", meinte Kelly lachend und nahm auch noch einen Schluck.

Deborah rang sich dazu durch, auch eine Frage zu stellen.

"Ähm... spielen Savage Sorrow demnächst mal wieder irgendwo?"

"Klar." meinte Rob und beugte sich soweit nach vorne, dass sie ihn flüsternd verstehen konnten. Etwas, dass man als Geheimnis verpackte, obwohl es gar keins war, gefiel solchen Groupies eigentlich immer. "Auf dem Rock-Off!"

"Uhhh!"
"Woow!"
"Coool!"

Damit hatte er sich eine Runde bewundernde Blicke gesichert. Vorne beim Eingang lief dagegen gar nichts. Es sah so aus, als würden sie überhaupt niemanden mehr reinlassen. Nur vereinzelt wurden mal wenige Leute durch die Tür beordert - immer dann, wenn andere Leute mit Jacken raus kamen und dadurch klar war, dass sie endgültig gehen. Und es waren noch so um die 20 vor ihnen. Das konnte noch ein paar Stunden dauern, wenn sie überhaupt noch irgendwann reinkamen.

Der Musiker besah sich das Fortschreiten der Schlange mit Argwohn. So ein Ärgernis, er wollte im Moment noch richtig einen drauf machen.

Vielleicht könnte Toni das ganze ja beschleunigen. Der war ja schon drin.

"Sekunde Mädels." entschuldigte er sich, drehte sich ab, hielt ein Ohr zu und rief Toni an - diesmal den richtigen.

Es dauerte eine halbe Ewigkeit - wahrscheinlich hörte er bei dem Lärm sein Handy nicht.

"Wäh?", meldete er sich dann mit verschlafener Stimme.

"Hä?" machte Rob. "Bist du schon nach Hause gegangen?" fragte er. "Ich sagte doch, ich komm noch dazu" lamentierte er sich leise, damit es die Mädels nicht hörten.

"Was?", fragte er schlaftrunken.

"Nach Hause gegangen? Ich bin seit Stunden zuhause und ruh mich aus. Anordnung vom Chef."

"Hä?" machte Rob noch einmal. "Warum denn ausruhen? Wir machen doch morgen erst um vier den Check In." dachte er nach. "Verarscht du mich gerade?"

"Ja und? Wenn ich mich besaufe, hab ich den ganzen nächsten Tag Kater..."

Er schmatzte abwesend.

Es verging eine Sekunde, in der Robs Hirn ratterte.

"Du warst gar nicht im Jagged Rock?" schlussfolgerte er.

Er gähnte.

"Nee, heute definitiv nicht."

"Wen hab ich denn dann eben angerufen?" fragte er sich kurz. "Is' ja auch egal. Ich hab da diesen Song geschrieben. Ich weiß noch nicht, wie die Drumms da am besten drauf passen." erzählt er.

"Und was soll ich da jetzt machen?", nölte er übermüdet.