Way Down In The Hole

Verwirrt öffnete er Megan die Tür. War die irgendwo im Haus eine neue Praktikantin?

"Hey... Kann ich irgendwie helfen?" fragte er sie. "Der Cateringservice ist zwei Stockwerke tiefer." Sicher organisierte sie nur 'ne Party und wollte sich die Küche ansehen...

Sie schaute mit einer hoch gezogenen Augenbraue an ihm vorbei in den Probenraum und wirkte wenig beeindruckt.

"Das hier ist doch Quicksilver Records oder? Ich hatte einen Termin mit einem Mike Black, aber da hinten ist nur eine Putzfrau, die kein Englisch kann."

Sie deutete mit dem Daumen über die Schulter.

Er sah kurz über die Schulter, erntete vermutlich aber nur verwirrte Blicke.

"Hey... Ja, das ist unser Manager." Er reichte ihm die von den Proben verschwitzte Hand, nachdem er sie einmal an der Hose abwischte. "Rob Savage... Ähm... Ich kann dich eben zu seinem Büro bringen und gucken, ob er da ist. Der ist eigentlich pünktlich und so was."

Mit einem Stirnrunzeln sah sie zu, wie er sich die Hand abwischte. Leicht resigniert schüttelte sie sie dann auch.

"Megan Payton, Tau-Epsilon-Sorority."

Sie trat einen Schritt zur Seite, um ihn vorbei gehen zu lassen.

"Achso, Sie sind das. Patricia hat von Ihnen erzählt."

"Is' mal 'ne angenehme Abwechslung mich durch wen anders, als der Presse zu kennen." kommentierte er rotzschnäuzig. Irgendwas war krumm an dem Satz... Aber das war jetzt auch egal. Er schritt ein paar Schritte in den Flur. "Hier geht's lang. Sein Büro ist gleich hier auf der rechten Seite." Rob hämmerte an die Tür und öffnete sie sogleich.

"Oh, ich hab Sie natürlich auch gegoogelt. Sie sind ja schon ein kleiner Weiberheld."

Sie lächelte spöttisch. Das Büro war leer.

"Ist Ihr Manager immer so zuverlässig? Vielleicht sollten sie über personelle Umstrukturierungen nachdenken."

"Ne eigentlich überhaupt nicht." meinte er und wirkte selber etwas stutzig. "Uhm... Wart' mal eben. Ich ruf ihn eben an." meinte er, griff in seine Hosentasche und rief Mike an.

Mike ging ran und klang unglaublich abgehetzt - er atmete schwer.

"Hhhhh, ja?"

"Ahh... Du bist schon auf dem Weg, was?" fragte er Mike und klang dabei etwas amüsiert. "Heute mal Rollentausch."

"Wa? Hhhhh... Termin... aufgehalten worden. Hhhh fünfminuten."

"Yeah... Kenn ich, Bro. Ich beschäftige sie dir so lange." versprach er. "Atme vorher nochmal tief durch, kay?"

Dann legte er auf.

"Das ist echt unüblich für ihn. Er wurd' noch aufgehalten wegen 'nem anderen geschäftlichen Termin." Entschuldigte er Mike gegenüber Megan. "Willst' du dich hinsetzen? Wir haben ne Kaffeemaschine mit Tabs. Nen Cappuccino, oder so?" fragte er und trat in Mikes Büro, indem auch die Maschine stand.

"Cappuccino ist gut."

Sie ging langsam zwischen den Sitzgelegenheiten umher und ließ sich dann vorsichtig auf einer Couch nieder. Ihre Handtasche legte sie neben sich ab.

Savage machte ihr eine Tasse Kaffee. An der Maschine lugte er über die Schulter und besah sich kurz Megan, ehe er sich wieder dem Kaffee widmete.

"Du hast mich gestern übrigens geweckt." plauderte er los. "Sorry, dass ich dich weggedrückt hab, aber Patricia war grad eh nicht da."

Sie lächelte dünn.

"Oh, das tut mir Leid."
Ihr Tonfall sagte: Tut mir nicht leid!

"Naja, kein Ding. War nichts wichtiges."

Mit dem Rücken abgewandt, verdrehte er die Augen. Auch damals als Footballspieler mochte er die Cheerleader-Tussen nicht.

"Na dann." meinte er, als der Cappucino in die Tasse floss. "Das ging ja erstaunlich fix." stellte er nebenbei fest.

"Was ging erstaunlich fix?", fragte sie milde interessiert.

"Na, dass ihr euch hier gemeldet habt und so." grinste er zu ihr rüber. "Prokastination scheint nur in allen anderen Teilen der Uni groß geschrieben zu werden, hu?" Er nahm die Tasse, schenkte ihr ein galantes Lächeln und reichte sie weiter.

Sie nahm die Tasse entgegen und hielt sie irgendwie mit gespreizten Fingern.

"Wer in dieser Welt etwas werden will, der prokrastiniert nicht. Aber viel Spaß, das den Verlierern aus den Geisteswissenschaften zu erklären."

Sie lächelte spitz.

"Immerhin finanzieren sie durch ihre Beiträge auch die wichtigen Studiengänge."

"Erfolg im Leben definiert sich nicht über den Kontostand." zwinkerte er ihr zu. "Aber viel Spaß, das den Bossen zu erklären." wiederholte er sie mit freundlichem Lächeln.

Sie schlug die Beine übereinander und nippte an ihrem Cappuccino.

"Woran misst sich Erfolg denn dann?"

Sie sah ihn abschätzig an.

"Daran, wie viele Groupies man geknallt hat?"

"Süße, wenn das dein Lebensziel wäre, dann ja." meinte er gewitzt. "Ich kann dir gerne ein paar vorstellen." Wieder ein Zwinkern.

Er lehnte sich lässig an den Tisch und stützte sich mit den Armen an ihm ab. Die Muskeln traten unter dem verschwitzten Shirt zu Tage "Oder du bleibst einfach bei deinem und ich bei meinem Traum und wir werden beide damit glücklich."

"Nennen Sie mich nicht Süße. Ich bin keins von den zerbrechlichen Püppchen, die Sie wahrscheinlich gewohnt sind", entgegnete sie kühl.

"Ich lebe bereits meinen Traum...eine Gemeinschaft von Frauen, die es im Leben weit bringen werden. Die sich gegenseitig den Rücken frei halten."

Sie stellte den Cappuccino ab.

"Ich glaube es ist in Patricias bestem Sinne, wenn Sie Ihre Finger von ihr lassen."

"Da hast du vermutlich Recht." stimmte er zu. "Aber als Verfechter der all umschließenden Emanzipation denke ich, dass sie alt genug ist, um selber ihre Entscheidung zu treffen. " Kurz reckte er sich.

Megan lachte freudlos.

"So begründen Sie das also. Tja, ich kann mir vorstellen, dass Patricia hin und weg ist, weil ein lokaler Rockstar mit ihr in die Kiste hüpft."

'Rockstar' sprach sie ziemlich verächtlich aus.

"Deswegen ist Pattys Urteilsvermögen getrübt. Aber gut für Sie, nicht wahr? Das kann Ihnen ja nur recht sein."

Er seufzte einmal gespielt. "Ich finde es einfach schön, wenn sich die Gesellschaft so weit gewandelt hat, dass junge Frauen auch Männer ansprechen können, es Hausmänner geben darf und Frauen eine faire Karrierechance haben." erklärte er.
"Hab ich alles von meiner Ma', weißt du? Wegen Leuten wie ihr, die auf die Straße gingen und für ihre Rechte kämpften, gibt es heute erst die Möglichkeit, dass ich dieses Gespräch jetzt mit dir und nicht mit Patricias Vater führe." Dann ein kurzer Seitenblick und etwas nachdenklicher ergänzte er. "Wegen Leuten, die nach Freiheit strebten, kannst du jetzt nach schwarzen Zahlen streben. Schon ironisch, wenn ich so drüber nachdenke."