Nachtlied

"Freut mich zu hören." erwiderte er. "Also... Tucker hier ist der festen Ansicht, dass einer der Wärter hier seinen Tot verschuldet hat. Ich möchte dem heute noch auf die Spur gehen."

"Aha, sehr interessant", meinte Sh'aoc desinteressiert.

"Hmm... In Zimmer 54 in der geschlossenen ist ein Fall, der für dich interessant sein könnte. Gewalttätige Frau, die ihre Impulse nicht unter Kontrolle hat und deshalb fest gekettet ist." plauderte er weiter. "Sie ist voller Hass und Zorn. Wie war das bei dir, standest du denen nahe, als du noch in meinem Kopf warst?"

"Angekettet? Es bricht mir das Herz..."
Er schüttelte bedauernd den Kopf.

"Ach, dein Zorn ist ein langweiliger kleiner Mann. Dein Hass hat noch Potential, aber es fehlt noch der Nährboden."

Galen nickte.

"Das heißt, ihr arbeitet alle unabhängig voneinander?" Das konnte er sich nur schwer vorstellen.

"Haha, arbeiten?"
Der Goetia wirkte belustigt.

"Wer hat irgendwas von arbeiten gesagt? Bin ich dein Fleiß oder was?"

Galen verdrehte die Augen.

"Also irgendwelche Aufgaben habt ihr doch? Und da helft ihr euch nie?"

"Was geht dich das an?"
Er verschränkte zwei Tentakel.

Galen sah ihn einen Moment lang irritiert an.

"Wie was geht mich das an?" fragte er genervt. "Ich will wissen, wie das so funktioniert. Da frag ich halt 'nen Insider."

"Mimimi, ich will dies, ich will das! Ja Pech! Guck selbst nach."

Ein zweites Paar Tentakeln wurde verschränkt.

Galen sah es eine schweigsame Sekunde erwartungsvoll an.

"Sag's mir doch einfach, dann muss ich nicht nachgucken."

Tucker sah ihn etwas fragend von der Seite an.

"Nö. Ich guck mir mal die Geschlossene an."
Damit schwappte der Goetia in die nämliche Richtung.

"Dann geh doch..." Er sah zu Tucker und zuckte entschuldigend mit den Schultern. "So ist sie manchmal..."

Galen schloss die Augen und folgte Sh'aoc, wenn es ging, hörte er aber noch Tucker zu.

"Scheint ja etwas zickig zu sein", meinte Tucker langsam.

Sh'aoc schaute sich derweil die Geschlossene an. Die materielle Seite, logischerweise.

"Stellt sich nur an." erwiderte er knapp angebunden.

"Wenn ich dir jetzt persönliche Fragen über dein Geist-sein stelle, ist das das wieder zu persönlich? So wie du nur nie jemanden zum Reden hast, habe ich auch noch nie ein Gespenst getroffen, dass sich seines Zustands bewusst ist und ihn mit mitteilen konnte."

Er verzog das Gesicht.
"Na, ob das so vergleichbar ist. Aber stell die Frage ruhig, ich überleg dann schon, ob ich antworten will."

"Wie nimmst du Zeit wahr?" wollte er wissen.

Er zuckte mit den Schultern.
"Kommt drauf an, was ich gerade mache. Manchmal vergehen Stunden, und dann merke ich, dass ich nur geradeaus gestarrt hab. Aber wenn ich was unternehme, ist es eigentlich, naja, ganz normal."

"Das ist weniger schlimm, als ich gedacht hätte." erwiderte Galen. "Dann ist es die meiste Zeit für dich, wie schlafen, es sei denn, es passiert was."

Sobald Sh'aoc interessante Patienten finden würde, die er nicht gesehen hatte, würde er das Gespräch nur noch auf Autopilot fortführen.

Sh'aoc durchquerte die Geschlossene fröhlich pfeifend. Nach der ersten Runde zog es ihn aber rasch zu der Patientin hin, die auch Galen näher durchleuchtet hatte.

Tucker aber schien zu bemerken, dass Galen etwas abwesend war.
"Tja. Also, ich werd dann mal", meinte das Gespenst und ging ein Stück in Richtung des Therapiezentrums.
"Ich schaue um die Zeit immer gerne bei den Handarbeiten zu."

Galen webte seine telepathische Verbindung zu Sh'aoc.

'Hörst du mich gerade?' "Was denkst du?"

"...ich denke, ich gehe jetzt mal ins Therapiezentrum."
Tucker machte sich auf den Weg.

Hä? Was willst du jetzt schon wieder?
Eine gehörige Portion Genervtheit schwappte durch die telepathische Verbindung.

Hey! Das ist nicht so wie sonst!
Entrüstung.

Galens eigene - gedämpfe Genervtheit schwappte auch direkt herüber zu Sh'aoc.

'Ich will deine Meinung hören', dachte er nur Augenblicke, bevor er es auch sagte "Ich will deine Meinung hören." Also bring deine Lauscher rüber "Also bring deine Lauscher rüber"

'Dann kann ich diese Farce beenden.'
Hoffnung.

Tucker ging weg.

Ist ja schon gut! Jetzt lass das!
Die Frustration, die sich im Goetia gesammelt hatte, drohte in echte Wut umzuschlagen.

Er beendete den Zauber.

"Gut gut..." erwiderte er zufrieden. "Also was denkst du?"