Neue Namen

"Ich bin zwar kein Politiker." begann er. "Aber soviel habe ich verstanden: Die Situation zwischen dem Konzil und den Diamantorden ist angespannt. Es wäre im Interesse des Konsiliums, wenn ich Lovecraft als gefährlichen Psychopathen darstelle, der nur unter der laschen Aufsicht des Konzils das werden konnte, was er nun ist." stellte er fest.

"Mir, als geschädigtes und rehabilitiertes Opfer, würde natürlich Sympathie entgegen gebracht werden, was zu inneren Zerwürfnissen innerhalb des Konzils folgen könnte und den Diamantorden in Verhandlungen mit dem Konzil weitere Möglichkeit geben würde, die Positionen des Konzils zu schwächen - gerade in Anbetracht der frühsten Vorkommnisse."

Er sah Taliesin an.

"Ist dies, was im Sinne des Konsiliums ist?"

Für einen Moment schwieg der Hierarch und blickte düster drein.

"Ich merke, ich kann Ihnen nichts vormachen. Es ist selten, dass ein so junger Erwachter bereits derartige Einsichten hat. Gut, Sie lassen sich nicht einfach unwissentlich einspannen, was soll es."

Er verschränkte die Arme vor der Brust.

"Im Wesentlichen ist genau das der Plan."

Phobos Stimme hatte eine bittere Tonlage angenommen: "Ich hatte einen guten Lehrmeister. Den Fehler der Naivität. Eben jenes blinde Vertrauen war es, dass mich mit einem freundlichen älteren Herrn mitgehen ließ, ohne seine Absichten zu hinterfragen."

Er war sich noch immer nicht ganz sicher, ob das der Plan des Hierarchen war, oder es um die Fotografien ging. Aber warum nicht beides?

"Dann kann man nicht sagen, dass Sie nichts von diesem Mann gelernt haben... auch wenn das sicher nicht seine primäre Absicht war."

Taliesin musterte Phobos eingehend.

"Also, was ist Ihre Antwort?"

"Lassen Sie uns über den Begriff 'Erlebnisse des jungen Magiers' sprechen." Er zeigte auf die entsprechende Stelle im Papier.

"Wenn Sie diesen ersetzen würden durch 'seinen Erlebnissen mit dem Magier Lovecraft', stimme ich zu."

"Das ist immer noch im Sinne des Rates."

Er zog das Papier wieder zu sich und nahm die nötigen Änderungen vor, danach schob er es zum Unterschreiben wieder zurück.

Er las erneut den Vertrag. Nun bezog sich 'im Sinne des Rates' eindeutig auf den Vortrag über sein Erwachen und seine Erfahrungen mit Lovecraft - nicht jedoch darauf, dass er seinen Fund abstreiten solle - was auch im Sinne des Konsiliums war.

Phobos unterzeichnete.

Der Hierarch zog das Papier zurück und legte es in das Dossier, das immer noch auf dem Schreibtisch lag.

"Dieser Vertrag ist bindend nach dem Silbernen Gesetz. Zuwiderhandlungen werden vom Rat geahndet. Willkommen im Konsilium."

Er lächelte unverbindlich.
"Der Inhalt dieses Vertrages ist auch alles, was wir hier offiziell besprochen haben - im Wortlaut. Alles andere war Gegenstand eines informellen Gesprächs... und ist entsprechend vertraulich zu behandeln. Von beiden Seiten aus, versteht sich."

Er erhob sich von seinem Stuhl und kam halb um den Schreibtisch herum.

"Wenn Sie keine weiteren Fragen haben - ich bin mir sicher, der nächste Termin wartet schon."

"Vielen Dank für die Zeit, die Sie sich heute genommen haben." entgegnete er und erhob sich, während er sein Sacko glatt strich. Verglichen mit dem Schatz, den er besaß, hatte er gerade wenig bezahlt. Armelius hatte Taliesin nichts von der Entdeckung erzählt...

"Es war eine Freude, mit Ihnen heute gespielt zu haben und bin froh, nun auf der selben Seite des Brettes zu stehen."

Er geleitete Phobos zur Tür seines Büros.

"Die Freude war auf meiner Seite. Ich wünsche noch einen angenehmen Tag."
Er öffnete die Tür - draußen stand immer noch der Wachposten.

"Ihnen auch einen angenehmen Tag." wünschte er Taliesin und trat aus der Tür.

"Einen ruhigen Dienst wünsche ich." verabschiedete er sich auch von dem Wachposten.

Der Wachposten nickte knapp, die Tür des Büros schloss sich und Phobos stand auf dem stillen Flur, nun ein Mitglied des Konsiliums der Stadt.

Langsam, eher schlendernd als zielstrebig, verließ er das Gebäude und suchte seinen Wagen auf.

Er erreichte seinen Wagen, ohne aufgehalten zu werden. Dort begrüßte ihn der Goetia mit einem breiten Grinsen.

"Na dem alten Saftsack hast dus ja gezeigt. Du bist doch nicht so dumm, wie du aussiehst... oh, hab ich das schonmal gesagt?"

"Na jetzt haben wir uns beiden unsere Anerkennung gezollt." stellte er grinsend fest. "Dass das nicht zur Gewohnheit wird."

Er setzte sich hinter das Steuer.

"War Amelius hier am Wagen?"

"Wer? Also eigentlich war niemand in der Nähe. Außer so eine Frau mit drei Kindern, die nebenan weggefahren ist", erklärte der Goetia und sah sich orientierend um.

"Gut." Er legte de Rückwärtsgang ein und begann den Wagen heraus zu rangieren. "Auch du wirst das Gespräch vertraulich behandeln, klar soweit?"

"Pff, na wem soll ich denn davon erzählen?"

Erfolgreich verließen sie den Parkplatz.

Code:

War dein Meeting erfolgreich? Gruß, K.

Phobos antwortete an einer Kreuzung.

Code:

Ja, war aber eine komplizierte Verhandlung. Gruß, P.

Gab es heute vielleicht schon die Möglichkeit eine Wohnung zu besichtigen? Er prüfte seinen Terminkalender.

Es gab einige Angebote, bei denen er sich kurzfristig melden konnte. Ein paar Anrufe später - zwei kategorische Absagen, einmal keine Zeit - hatte er einen Termin für etwa zwei Stunden später bei einer Mietswohnung in den Avenues.

Wieder hatte er Freizeit - und ohne die Bilddokumente auch keine Beschäftigung. Um nach Doug und der Verbindung zu sehen, war es zu früh.

"In zweieinhalb Stunden haben wir einen Termin... Wollen wir solange ins Kino?"

"Kino? Hm. Ach, warum nicht."

Code:

Hoffe, es war zufriedenstellend. Treffen heute Abend 19 Uhr, Ugly Truth

Code:

Alles klar

Phobos fuhr mit Sh'aoc zu einem kleinen, älteren Kino in der Nähe. Dort wurden hauptsächlich Kunstfilme gezeigt. Es gab zwei Filme zur Auswahl, die sie gucken könnten - irgendein französisches Drama und eine Mockumentary über Vampire: 5 Zimmer Küche Sarg.

Sie entschieden sich einstimmig für Zweiteres.

Nach dem Kino besah sich Phobos die Wohnung... Sie war klein, einigermaßen aufgeräumt und für ihn viel zu teuer. Er bedankte sich für die Zeit und machte sich nach dem Termin wieder auf, in Richtung des Ugly Truth. Der Treffpunkt gefiel ihm nicht. Denn er gehörte zu Kapoonis, der was mit Handys machen konnte und auch mit K. unterschreiben würde. Aber das Konzil hatte die Nummer seines Schläfertelefons, nicht seines Schattentelefons.

Er hielt mit dem Wagen etwas weiter weg und legte erneut eine stygische Aura über seine Eigene um seinen Nimbus zu verbergen.

Dann machte er sich umsichtig auf den Weg zum Ugly Truth.

Sh'aoc hatte über einige Witze im Film derartig laut gelacht, dass Phobos sich kurz sorgen gemacht hatte, ob nicht doch jemand das körperlose Wesen hören konnte.

Das Ugly Truth lag friedlich da. Die Abenddämmerung war gerade erst langsam dabei, hereinzubrechen, und im restlichen Tageslicht war die Umgebung einwandfrei einzusehen. In dem Büro über der Bar sah er Licht brennen.

Phobos versuchte durch den Haupteingang in die ehemalige Bar zu gelangen.