Neue Namen

"Er ist wirklich sehr heiß auf die Fotografien." begann der Moros. "Verständlich, immerhin ist es sein Job, an solche Stücke zu kommen. Aber in meinem Gespräch mit Kurunta hatte ich meine kleine Expedition erwähnt und er wirkte so, als hätte er nichts davon gewusst."

Er sah vom Buch auf. "Dazu müsste ich natürlich wissen, wie nahe sich die Beiden stehen, um schließen zu können, wie verdächtig das ist." schob Phobos erklärend nach.

"Dann war er es, der mich abholte, um mich zum Hierarchen zu bringen. Er wollte unbedingt den Deal schnell über die Bühne bringen." Ein schadenfrohes Lächeln zeigte sich kurz auf Phobos Gesicht. "Als ich jedoch sagte, dass ich wegen meines Gesprächs mit Kurunta meine Meinung geändert habe und nun doch nicht sofort verkaufen wolle, wir aber später in Verhandlung treten könnten, wurde er bereits etwas aufbrausend und wollte wissen, was in dem Gespräch mich dazu veranlasst hätte, meine Meinung zu ändern, denn ich hätte meinen Preis ja schon genannt und er könne auch zum Adamantpfeil gehen. Ich solle mich glücklich schätzen überhaupt etwas zu bekommen."

Er blätterte die Seite um und betrachtete sich ein Schaubild, während er weitersprach.

"Darauf entgegnete ich, dass ich von Kurunta gelernt habe, dass das Wissen einen Preis habe - unabhängig davon was ich in meinem ausgemergelten Zustand gesagt hatte, dass er nicht zum Adamantpfeil gehen solle, weil er damit mich als Gatekeeper zu dem ganzen Wissen des Stammes verlieren würde und Wissen erhaltet werden muss, der Adamantpfeil dann auch wissen würde, wie groß die Nummer ist, wenn er eher zu ihnen, als zu mir gehen würde um die Informationen kaufen zu gehen und sie sich der Beforschung des Ortes vielleicht annehmen würden. Wohl möglich würde dieses mächtige Wissen dann in die falschen Hände fallen. Und schließlich sagte ich, dass Kurunta mich lehrte, Magie sei ein Lebewesen und ich würde denken, dieser Ort sei ein Organ. Für eine Operation am Organ benötige man aber Ruhe, die er nicht zeige, wohl aber andere Mitglieder seines Ordens, mit denen ich gerne verhandeln würde." fasste er zusammen.

"Daraufhin war er sehr wütend, warf mir vor, ich sei gierig und meine neunmalkluge Art würde sicher den anderen seines Ordens gut gefallen. Niemand würde mir einen besseren Preis machen als er - was frech gelogen ist. Jeder würde das." Er winkte ab.

"Er brachte mich noch zu dem Brunnen, wies mich an zu warten und verschwand ohne ein Wort der Verabschiedung. In dem Gespräch mit dem Hierarchen ging es aber an keiner Stelle um die Fotos. Hätte Amelius ihm das gesagt, hätte ihm klar sein müssen, dass diese wertvoller sind, als mein Vortrag und er hätte sie sicher versucht zu erhandeln. Er war auch in keinster Weise überrascht darüber, dass dies nicht mein Tribut wäre - was Amelius als Teil seiner Abmachung hätte aushandeln müssen."

Phobos räusperte sich.

"Ich fasse zusammen: Ich habe den Eindruck, niemand wusste, das Amelius in Verhandlung mit mir treten wolle, er hatte es sehr eilig die Fotografien zu erwerben, er war sofort sehr emotional, als ich sagte, ich würde noch mal in die Verhandlung gehen, obwohl ich das schon vorher sagte, er war scheinbar wütend auf Kurunta, dass ich wegen seinen Lehren den Deal nun platzen lassen würde. Und als ich sagte, ich würde den Deal mit jemand anderen abschließen wollen, behauptete er, es gäbe keinen besseren Käufer als ihn und wurde richtig grantig. Daher komme ich zu der Mutmaßung: Er wollte die Bilder für sich."

Kivutar hörte sich den Bericht geduldig an und zeigte dabei keine Regung.

"Amelius. Ein Thyrsus... unwichtiges Mitglied des Mysterium. Soweit ich weiß, wollte er Kuruntas Schüler werden, aber dieser hat ihn abgelehnt. Es ist sehr gut möglich, dass Amelius seinen Aufstieg im Mysterium in die Wege leiten will, indem er dieses wertvolle Geheimnis beschafft. Das würde wohl auch erklären, warum Kurunta nichts davon wusste."

Kivutar fasste ihn in den Blick.

"Hast du Kurunta dann davon erzählt?"

"Nein. Kurunta fragte mich, welche Magier ich kannte. Und ich erwiderte ihm, dass ich unter anderem Amelius kannte, wie er sicher wüsste. Woraufhin er die Stirn etwas verwirrt runzelte." antwortete er.

Sie wiegte den Kopf hin und her.

"Kurunta könnte nachgeforscht haben. Zur Sicherheit sollten wir davon ausgehen, dass die Information über den Ort schon in die Chefetage des Mysterium vorgedrungen ist. Und da der Hierarch das Wissen nicht als Tribut gefordert hat, wird es wohl andere Pläne geben."

"Tielasin hatte eine Akte über mich. Wenn nicht nur ihr Bericht, sondern auch einer des Pfeils darin landete, müssen wir davon ohnehin ausgehen." erwiderte er. "Aber davon gingen wir doch bereits aus, oder?"

"Es klang ein bisschen so, als würdest du hoffen, der Hierarch wüsste nichts von den Fotos. Weil er sie nicht als Tribut gefordert hat."

Phobos nickte.

"Ich hatte es als Möglichkeit eröffnet. Mein Handeln hätte ich nicht danach gerichtet." erwiderte er.

"Das ist vernünftig."

Sie trank einen Schluck.

"Wie stellst du dir den weiteren Plan vor?"

"Der Vortrag wäre eine gute Gelegenheit, um eines der Fotos zu präsentieren - beispielsweise als Hintergrund einer Powerpointpräsentation." dachte er nach. "Eines, das nichts sagt, aber neugierig macht, relativ spät und diskret im Vortrag platziert. Sobald ich eine Fragerunde eröffne, sollten schon Fragen dazu kommen."

Sie nickte langsam.

"Ja, das wäre eine Möglichkeit, auch um den Preis in die Höhe zu treiben... wenn das das ist, was du willst. Ist der Vortrag schon terminiert? Wenn es noch zu lange hin ist, könnten Leute ungeduldig werden. Amelius alleine hat vielleicht nicht die Mittel, den Adamantpfeil für die Infos zu bezahlen, das Mysterium als Ganzes dagegen schon."

"Nein, einen Termin gibt es bisher noch nicht. Und der Preis ist nicht meine oberste Priorität. Ich möchte vor allem Zeit gewinnen." erklärte er. "Und möglichst großen Einfluss bei der Erforschung des Ortes gewinnen, auch um die Interessen des Stammes zu vertreten." erklärte er.

"Wir haben ja schon kurz darüber gesprochen: Zeit gewinnst du, wenn das Mysterium denkt, es bekommt einen Deal."

Phobos nickte.

"Was ist eine geeignete Strategie, um diesen Eindruck zu erwecken?" fragte er Kivutar.

"Grundsätzlich sollte man auf jemanden vom Mysterium zukommen und in Verhandlungen eintreten. Und einen Grund haben, warum es Verzögerungen gibt. Etwa, weil beide Seiten die ausgetauschten Waren in einem sicheren Umfeld inspizieren wollen."

Sie drehte ihre freie Hand etwas.

"Möglicherweise finden sich auch noch bessere Gründe. Sicher kann man auch ohne konkrete Gründe Vertragsabschlüsse nach hinten schieben... nur nicht zu exzessiv."

"Vom ersten Eindruck schätze ich Kurunta als jemanden ein, der mit Bedacht an die Sache herangehen würde. Aber der Eindruck kann trügen - und ich habe etwas Probleme damit, andere Menschen einzuschätzen." erwiderte er. "Gibt es innerhalb des Mysteriums einen Vertreter, der sich in erster Linie dem Erhalt, nicht zwingend der Erforschung von Magie verschrieben hat?"

Kivutar ließ nachdenklich ihren Atem ausströmen.

"Naja... es gibt sicherlich aggressivere und weniger aggressive Forscher. Ich weiß nur nicht, ob du jemand anderen kontaktieren solltest, als Kurunta. So wie ich ihn einschätze, wird er durchaus mit Bedacht an die Sache gehen."

Phobos nickte.

"Gut. Ein Thyrsus hätte es vielleicht auch leichter, eine Verbindung zum dort lebenden Schamanen aufzubauen und eher Interesse an seinen magischen Traditionen." dachte Phobos laut nach. "Er wirkt weise genug, den fremden Magier wie jemanden zu sehen, von dem er noch lernen könnte."

Außerdem lehnte er Amelius ab...

"Dann also Kurunta."

Sie nickte im Gleichtakt mit ihm.
"Kurunta ist der richtige Kandidat."

Sie stellte die Kaffeetasse auf dem Tisch ab.
"Ich habe zwar schon einen vollständigen Bericht von Angus erhalten, aber hast du noch etwas zu dem Vorfall in der Schwesternschaft zu berichten?"

"Puhh..." machte Phobos als sie das ansprach - Gefühlsregungen zeigte er eher selten. "Haben Sie heute in die Zeitung gesehen? Da steht ein Artikel im Boulevardteil - ich komme darin vor."

"Ich habe den Artikel gelesen. Dass du der Protagonist bist, ist nicht erfreulich."

Sie schürzte die Lippen.

"Aber es gibt eine für die Schläfer glaubhafte Story. Und ich glaube nicht, dass die Ermittlungen der Polizei Früchte tragen werden - es gibt noch keine Gründe, tätig zu werden. Du solltest dich nur in den nächsten Monaten von Bereichen fernhalten, wo man dich erkennen könnte - zumindest ohne gute Tarnung."

"Jemand anders übernimmt also die Observation des Ortes?" wollte Phobos wissen, hob aber die Hand. "Es werden keine Informationen über Missionen weiter gegeben, an denen man nicht teilnimmt."

Kivutar lächelte schmal.

"Ganz richtig. Du wirst zunächst nicht weiter Observieren... die Situation wird noch ausgewertet. Zwischenstand ist, dass einige der Schwestern einer Art Kult angehören, der Opfer für die Entität im Keller des Hauses suchen. Allerdings ist es ein Rätsel, welcher Art die Entität ist."

"Die Entität befindet sich vermutlich im Zwielicht. Der Keller war dort wesentlich besser in Takt als der Rest des Hauses und abgesichert mit einer Stahltür." wiederholte er, was Angus wahrscheinlich schon mitgeteilt hatte.

Dann sah er nachdenklich zur Seite und schwieg kurz "Ein sehr guter Freund war auf dieser Feier. Einer der wenigen in dieser Stadt. Er wurde von einer der Schwestern verführt. Ich brauche die Hilfe des Ordens, damit dies nicht noch einmal geschieht."

Sie fasste ihn fest in den Blick.

"Welche Art Hilfe stellst du dir vor?"

Phobos dachte einen Moment lang nach.

"Ich denke, es sollte genügen, wenn er keinen Kontakt mehr zu den Mitgliedern der Verbindung aufbaut... Ich werde das Gespräch zu ihm suchen. Vielleicht kann ich ihn ohne große Einflussnahmen magischer Natur dazu bewegen. Sollte mir dies nicht gelingen, müsste jemand, der geschulter im Gedankenarkanum ist, einen Gedanken im Unterbewusstsein verankern - dass er diese Verbindung und ihre Mitglieder nicht ausstehen kann oder etwas dergleichen."