Graue Wüsten

"Alles klar."

Er steckte das Tütchen in seinen Rucksack.

"Du kannst mich anrufen, wenn ich der Verbindung nachgehen soll."

Phobos holte noch Beweisstück B heraus. B wie Brief.

"Ich nehme an, das hier hat der Täter geschrieben." er reichte ihm den zusammengefalteten Brief. "Kannst du mir auch etwas darüber sagen?"

Angus führte die gleiche Prozedur auch bei dem Brief durch. Wieder spürte Phobos die Vorsicht, die in den letzten Tagen zum Alltag gehörte.

Angus schüttelte langsam den Kopf.

"Der Brief hat nur eine schwache Verbindung. Zu seinem Empfänger."

"Ist das normal? Immerhin ist der handgeschrieben." fragte Phobos Angus.

Angus zuckte mit den Schultern.

"Ziemlich normal, ja. Starke emotionale, physische oder mystische Verbindungen erzeugen Sympathie. Der Empfänger hat dem Brief wohl einiges an Bedeutung beigemessen, der Sender eher nicht."

Phobos nickte langsam. Die Masche fuhr der Täter also wohl möglich schon länger?

"Gut Angus. Meld dich, wenn ich dir was aus einer Leiche schnippeln soll, oder so."

Er verzog angewidert das Gesicht.

"Also ich hoffe sehr, dass das nicht nötig wird."

Beiläufig begann er, seine Werkzeuge wieder wegzupacken. Mit leisem Ritschen ging der Rucksack zu.
"So. Brauchst du sonst noch Hilfe? Sonst mache ich mich mal wieder an die Arbeit."

"Man weiß nie... In jedem Fall Danke für die Hilfe." verabschiedete er ihn.

Tja. Und nu?... KFC?

"Gern."

Er schälte sich aus dem angeschraubten Drehstuhl vor dem PC heraus.

"Dann noch viel Erfolg. Machs gut."
Damit stieg er aus dem Van und lümmelte wieder zurück zu seinem Aussichtsposten.

"Machs gut."  Phobos sah Angus nach. Also jetzt KFC? Koch... Es hieß der Typ sei Koch... Er schüttelte den Kopf.

Er startete erneut den Wagen.

Angus war alsbald hinter der Ecke des Ugly Truth verschwunden und Phobos wieder auf den Straßen San Franciscos unterwegs, die mittlerweile deutlich an Betriebsamkeit zugenommen hatten.

Er erreichte das KFC, in dem Bodkin angestellt gewesen war. Es lag ebenfalls im Südwesten der Stadt, allerdings nahe einer Hauptverkehrsader, sodass die Gegend viel belebter wirkte, als Bodkins etwas trostlose Wohngegend und der Bereich um das Gemeindezentrum.

Phobos verließ den Wagen auf dem Parkplatz des Imbisses und verließ ihn... Im KFC angekommen, ließ er erst seinen mundanen Blick, dann sein magisches Gespür schweifen.

Er fand ein typisches Fastfoodrestaurant vor, das jetzt, um die Mittagszeit, ziemlich voll war. Mehrere Schlangen wartender Leute standen vor der Bedientheke. Die Tische waren fast alle besetzt, und eine geschäftige Geräuschkulisse von Gesprächen, Mampfen, Knistern und Rascheln war allgegenwärtig. Der freundliche KFC-Mann strahlte von allen möglichen Flächen herunter. Ein kleines, dickes Kind beschwerte sich lautstark, dass es einen Hähnchennugget zu wenig bekommen hatte. Soweit nichts verdächtiges.

Auch der Blick hinter die Kulissen der Realität verriet nichts auffälliges. Phobos sah die Härte von Oberflächen und die Qualität der Kleidung, die die Menschen trugen, mit einem Blick. Alles lebendige Wesen mit einer dazugehörigen Seele. Die aufregendsten Dinge, die er dabei fand, waren ein Stuhl, der vermutlich bald zusammenkrachen würde, weil das Material überbeansprucht war, sowie ein Quarter, der unter eine Sitzbank gerutscht war. Soweit alles völlig mundan.

Auch Phobos stellte sich in die Einkaufsschlange - und während er das Tat, analyiserte er die oberflächlichen Gedanken der Angestellten. Dort suchte er nach Bodkin. Vermutlich würde er nicht fündig werden... Aber was sollte es?

Ein Blick zum Geschäftsführer. Beginnen wir dort.

Phobos rieb sich einen Punkt zwischen seinen Augen. Und weckte damit das dritte Auge, einen Zugang zu den Gedanken. So hatte es Lovecraft ihm zumindest erklärt.

Spoiler:

Nach kurzer Beobachtung fiel im ein Mann mittleren Alters auf, der so wirkte, als wäre er am Drücker. Einige Momente später konnte Phobos sehen, wie er leise einer Mitarbeiterin etwas sagte und diese sich daraufhin auf den Weg nach Hinten machte.

Der Zauber eröffnete Phobos eine bewusste, sehr oberflächliche Ebene im Geist des Mannes. Gedankenfetzen trieben in diesen Bereich und wieder hinaus - oder hinab, je nachdem, wie man es betrachtete.

...Bestellung muss auch noch raus... Mina hat schon wieder nicht aufgeräumt... Football heute um acht... wo bleibt sie denn?...

Spoiler:

Phobos suchte in diesen Gedankenfetzen nach Bodkin... Dem Gefühl, der Beziehung zu ihm. Irgendetwas.

Er wurde nicht fündig - der Mann dachte gerade offensichtlich nicht an Bodkin. Dann erlosch der Zauber auch schon wieder.

Spoiler:

Spoiler:

Es war, wie er erwartet hatte - so geschäftig, wie das Treiben hier war, würden sie hier nicht an ihn denken. Er sollte vielleicht die Leute bei ihrer Pause erwischen, wenn er eine Chance haben wollte.

Die Mitarbeiter, die im Restaurant und hinter der Theke zu sehen waren, wirkten alle sehr geschäftig. Pause machte gerade niemand - wahrscheinlich war ein Pausenraum irgendwo hinten im Bereich, wo die Gäste nichts zu suchen hatten.

Hmm... meine Güte. Ich könnte unter einem falschen Vorwand versuchen mit einem der Mitarbeiter zu sprechen. Könnte mich als einer von den AA ausgeben oder als Ermittler, Freund... Sehr anonymes Vorgehen... Irgendwo mussten doch auch die Raucher Pause machen?

Phobos wog ein wenig die verschiedenen Möglichkeiten ab.

Das dicke Kind mit dem Nugget zu wenig hatte inzwischen angefangen zu plärren. Raucher sah er im Restaurant nicht - ein Schild neben dem Eingang zeigte das Rauchverbot im Haus an.

Als Phobos schließlich an der Reihe war, bestellte er sich ein Mittagsessen und verspeiste das etwas später im KFC. Was hatte er hier eigentlich erwartet zu finden? Freunde, oder so etwas... Die vielleicht etwas über diesen Willys wussten.

Vielleicht könnte er auch die Chance nutzen, um an seiner Maske zu arbeiten.

Während er aß, beobachtete und sondierte er die angestellten - und las auch immer wieder ihre oberflächlichen Gedanken.