Where is my Mind?

"Du lebst zu sehr in der Zukunft." entschied der Berufsmusiker. "Du lebst doch schließlich jetzt. Da solltest du machen, was du jetzt willst." Seine Worte unterstrich er, indem er stehen blieb und ihr tief in die Augen sah.

Sie erwiderte seinen Blick.

"Glaubst du, ich genieße die Gegenwart nicht genug?", fragte sie mit ironischem Zucken um die Mundwinkel.

"Immerhin bin ich gerade hier mit dir und nicht daheim und lerne."

"Dann wüsste ich dir auch nicht mehr zu helfen." stimmte er sanft zu und küsste ihre Stirn. Er ging mit ihr wieder weiter.

"Und diese Megan? Ist die auch so ätzend wie Trish?" fragte er nach.

"Also wirklich!"

Sie knuffte ihn in die Seite.

"Das sind meine Schwestern. Geschwister sind nun mal nicht immer, wie man sie sich vorstellt, das kann man sich nicht aussuchen - damit muss man leben. Trish hat auch ihre guten Seiten!"

Er schürzte kurz die Lippen. "Kann man nicht? Ist doch nur ne WG. Na egal... Ist ja dein Ding." Dann erreichten sie die Eingangstür. "Hier wohn ich."

Sie schüttelte den Kopf.

"Ne Verbindung ist schon mehr als nur ne WG. Ich meine, auch bei WG's gibts doch Unterschiede."

Sie stiegen die Treppen nach oben.

"Es gibt reine ZweckWG's und so richtige Kuschel-WG's, wo die Mitbewohner auch richtig gute Freunde sind."

"Mhm... Ähh ja. Stimmt wohl. Und es gibt WGs in denen...." Er seufzte kurz. "... äh 'Trishs' die anderen rumschubsen und schlecht hinter deren Rücken über sie reden."

An der Wohnungstür angekommen sah er sie nochmal kurz an und betonte:

"Aber ist dein Ding. Ich krieg nur das Kotzen von solchen Leuten. Wenn das für alle da cool ist, ists cool. Wirkte nur nicht so."

"Pff!", machte sie und schaute demonstrativ weg.

"Du kennst sie ja fünf Minuten oder so."

"Hey... Dein Ding." betonte er erneut freundlich und schloss auf, öffnete die Tür. "Ich muss doch schließlich nur dich mögen und nicht Trish?" Er sah sie vielsagend an.

Sie seufzte.

"Ja, stimmt schon. Aber ich fänds dann gut, wenn du in meiner Gegenwart nicht über sie lästerst."

Sie betrat mit ihm die Bude und schaute sich um.

"Ganz schön klein, oder?", meinte sie bissig, musste aber doch Grinsen.

"Dafür bin ich hier mein eigener Herr." Er trat durch die Tür und reichte ihr charmant die Hand.

"Also.... Wohnungsführung: Das Klavier, die Gitarren. Da geht's zum Bad." Er ging einmal im Kreis durch die Wohnung und blieb am Küchentisch kurz stehen. "An diesem Tisch sind die meisten meiner Songs geschrieben worden." Er ging weiter. "Mein Bücherregal. Nen Bild von dem Freund meiner Ma'." Das Bild zeigte eine surreal gezeichnete Straßenecke, ganz in der Nähe. "Die Murals sind da geil verzerrt, find' ich." Er ging kurz weiter. "Die Tür zum Schlafzimmer uuuuund." Er warf sich aufs Sofa. "Mein Sofa." Den Fernseher neben der Tür ließ er aus.

"Ich bin auch meine eigene Herrin."

Sie schaute sich alles an, besonders bei dem Bild verharrte sie etwas länger.

Dann krabbelte sie zu ihm aufs Sofa und legte sich halb auf, halb neben ihn.

"Gemütlich."

Savage legte einen seiner Arme um sie.

"Ja das ist's wohl." Einen Moment lang dachte er daran, wie oft er hier so mit Mary lag. Den Gedanken wischte er schnell weg, indem er an ihrem Haar roch und den Scheitel küsste.

"Wir sind übrigens für den Frisco-Rock-Off zugelassen worden." plauderte er aus dem Nähkästchen.

Sie schlang einen Arm um seine Brust und rutschte so zurecht, dass ihr Kopf an seiner Schulter lag.

"Echt? Das ist cool! Da wollte ich sowieso hin... jetzt gibts ja noch einen Grund mehr."

Savage genoss für den Moment die Umarmung und schloss die Augen. Seine Gedanken flogen davon.

Früher lagen sie auch so zusammen auf dem Sofa... Da kannte ihn noch niemand. Die Welt war damals einfacher und langsamer... Da gab es nur sie, ihn, die Band und seine Musik. Klar, er hatte kein Geld, keinen Fame, und keine Groupies - aber die brauchte er auch nicht. Er war glücklich. Jetzt war das alles Vergangenheit. Mit der Zeit verloren viele Dinge ihren Wert. Sein Leben gehörte dazu. Manchmal würde er gerne einfach wieder Robert sein. Er spürte, wie ihm eine einsame Träne über die Wange lief.

Heimlich wischte er sie weg - und mit ihr auch Mary aus seinen Gedanken.

"Ich arbeite gerade an nem Song, willst du ihn hören?" fragte er sie, um auf andere Gedanken zu kommen.

Ihre Umarmung löste sich und sie stemmte sich ein Stück hoch, sodass sie nicht mehr auf ihm lag.

"Klar, gerne. Wenn du ihn mir vorspielen möchtest."

Rob krempelte sich vom Sofa hoch, griff sich seine Gitarre und setzte sich neben sie aufs Sofa.

"Das ist aber noch nicht fertig." betonte er erneut und zupfte direkt an der ersten Saite. Es war ein langsames Lied, eine Rockballade. Er summte dabei leise und mit belegter Stimme. Es gab eine längere Pause, in der er kurz nicht weiter wusste, ehe er umgriff und weiter spielte.

"Ist noch wirklich sehr roh..." urteilte er schlussendlich selbst.

Spoiler:

"Ja... aber ich denke da kann ein sehr schönes Lied draus werden."

Sie hatte den Ellenbogen auf die Sofalehne und ihren Kopf in die Hand gestützt.

"Komponieren ist sicher nicht einfach, oder?"

Er lächelte etwas versonnen. "Kommt immer drauf an. Mal ist es Arbeit und man kommt nicht wirklich weiter - Dann läuft es einfach von alleine. Zwei unserer Songs sind einfach aus ner Jamsession entstanden. Kreative Arbeit ist immer so 'ne Sache."

"Ja, stimmt. Es muss irgendwie alles stimmen, damit was gutes bei rauskommt."

Sie schaute nachdenklich an die Decke.

"Und man muss natürlich irgendwie kreativ sein."

"Du spielst doch auch Gitarre, oder?" fragte er und reichte sie ihr.

Sie zögerte, nahm die Gitarre noch nicht entgegen.

"Ja, schon, aber nicht sehr gut. Außerdem ist das letzte Mal ewig her..."
Sie schüttelte den Kopf.

"Nee... ich will mich lieber nicht blamieren."

Ein aufbauendes Lächeln wurde ihr geschenkt. "Na los, Patricia." forderte er sie auf. "Ich helf dir auch."

Einen Moment lang verharrte sie zögernd, dann seufzte sie und griff nach dem Gitarrenhals.

Als erstes schlug sie ein paar Akkorde an, probierte herum. Dann räusperte sie sich und fing an. Ihr Spiel war nicht überragend, aber solide. Manchmal schaffte sie es nicht schnell genug umzugreifen. Ihre Stimme war auch völlig anders als die von Adele, von der sie ein Lied sang - aber irgendwie funktionierte es.

"I heard that you're settled down
That you found a girl
And you're married now (ow ow)
I heard that your dreams came true
Guess she gave you things
I didn't give to you ooh ooh
Old friend why are you so shy I
Ain't like you to hold back
Or hide from the light

I hate to turn up out of the blue uninvited but
I couldn't stay away I couldn't fight it
I had hoped you'd see my face
And that you'd be reminded that for me it isn't over

Never mind I'll find someone like you
I wish nothing but the best for you too!
Don't forget me I beg I'll remember you said
Sometimes it lasts in love but sometimes it hurts instead
Sometimes it lasts in love but sometimes it hurts instead, yeah"