[Beth] Hello Hogwarts!

"Wie auch immer! Finden Sie gefälligst raus, wo diese Leiche hin ist, Zensor!"
Kurunta schien nicht gerade bei bester Laune zu sein. Manat ebenfalls, mit verkniffener Miene machte sie sich an die Arbeit und rief irgendwelche Magie herbei, die strömende, fortschreitende Resonanzen in Beths Sicht erzeugte. Fast bildeten die spektralen Arme die Zeiger und Ziffern einer Uhr ab.

"Nun, wie Sie sehen, verläuft in der magischen Forschung nicht immer alles am Schnürchen", meinte Kurunta an Beth gewandt.

"Wenn Sie sich noch etwas nützlich machen wollen, können Sie das gerne tun, und einige dieser Bücher durchsehen. Wir brauchen einen Überblick. Ich könnte es aber auch verstehen, wenn Sie erstmal genug haben."

Beth ignorierte es, dass alle so mies gelaunt waren, nickte leicht und sagte dann mit einem kleinen Lächeln:

"Sehr gerne doch" Als ob ich mir das entgehen lasse... da muss schon mehr als ne Killer-Leiche kommen...

Damit ging sie hinüber zu dem Regal, hob die Bücher auf, stellte alles bis auf eines zurück in das Regal, wobei sie sich die Titel durchlas, und blätterte dann in dem, was sie noch im der Hand hielt herum.

"Der Wiedergänger... oder was immer das war... hat sich ein recht dickes Buch genommen und ist dann einfach verschwunden... mit erwachter Magie. Einem Todeszauber... also vermutlich ist die Leiche durchs Zwielich entkommen. Einen Nimbus konnte ich nicht sehen", berichtete Manat, nachdem sie für einen Moment von ihrer Zeitfluss-Magie umgeben gewesen war.

Kurunta rieb sich nachdenklich den Bart.
"Tja... irgendwie hat hier ein Moros seine Finger im Spiel. Oder jemand anderes, der sich der Kräfte des Todes bedient. Mal sehen, ob die Bücher uns Aufschluss geben."

Spoiler:

Es fiel ihr zunächst ziemlich schwer, in dem Bücher-Chaos irgendeine Orientierung zu finden. Nach einiger Zeit fiel ihr aber auf, dass man die Werke grob in drei Gruppen unterteilen konnte, sodass sich eine gewisse gedankliche Ordnung ergab, obwohl die Bücher der Gruppen wild durcheinandergemischt in dem Raum verteilt lagen.

Die erste Gruppe schienen amerikanische Autoren des frühen und mittleren 19. Jahrhunderts zu sein. Frederic Henry Hedge, Ralph Waldo Emerson, George Ripley. Aber auch die Werke von Frauen waren dabei: Margaret Fuller, Elizabeth Peabody, Ellen Sturgis Hooper. In diese Gruppe gehörten auch einige ziemlich altehrwürdige Ausgaben eines Magazins namens 'The Dial'. Einige schnelle Recherche auf ihrem neuen Smartphone zeigten ihr, dass alle diese Autoren eines gemeinsam hatten: Sie gehörten der Strömung des 'Transzendentalismus' an.

Die zweite Gruppe umfasste psychologische Werke, ebenfalls von verschiedenen Autoren. Ein Begriff, der immer wieder in den Schriften dieser Gruppe auftauchte, war der der 'Selbst-Transzendenz'.

Die letzte Gruppe war für Beth am wenigsten zugänglich, aber gleichwohl am interessantesten. Es waren okkulte Werke, die sich in unterschiedlicher Form mit unterschiedlichen Themen befassten. Einige waren in fremden Sprachen geschrieben und entzogen sich damit ihrem Verständnis. Andere bestanden nur aus merkwürdigen Zeichen oder Gekrakel. Einige Titel konnte sie lesen: Über die Beschaffenheit der Seele, Leben jenseits der sterblichen Hülle, Der Lich, Unsterblichkeit und ihre Fallstricke, Das Ende ist nicht das Ende, Bewusstsein und Seelenwanderung

Sie fand eine Notiz, die mit Bleistift in eine der zerlesenen Ausgaben des 'Dial' geschrieben war.

Transzendentalisten stehen nicht wirklich für wahre Transzendenz
-> fehlgeleitete Ideen zur Einswerdung mit der Natur
-> keine Ambitionen, die schwache menschliche Form hinter sich zu lassen

Mit dieser neuen Erkenntnis fand sie einige weitere Randnotizen, die mit dünnen Bleistift, kaum leserlich, gemacht worden waren. In den meisten Notizen ließ sich der Urheber darüber aus, dass die entsprechenden Texte nicht das waren, was er suchte. Vielleicht konnten diese Randnotizen noch mehr Aufschluss geben, aber um das herauszufinden, würde sie mehr Zeit brauchen, um auch die restlichen Randnotizen zu untersuchen.

"Und? Ihr erster Eindruck?", fragte Kurunta, der seinerseits in einige obskure Texte vertieft war.

"Da hatte jemand Angst zu sterben", sagte Beth etwas abwesend und blickte dabei kurz auf und dann wieder auf den Text.

Kurunta blätterte ebenfalls in einem Buch.

"Sehe ich auch so... und wollte irgendwie die menschliche Form hinter sich lassen. Aber war er das?"
Er deutete mit dem Daumen auf die Pritsche, wo die Leiche gelegen haben.

"Und hat derjenige es geschafft? Das sind hier wohl die zu klärenden Fragen."

Spoiler:

Noch einmal blickte sie kurz auf, zuckte auf die Fragen hin die Schultern und nickte schließlich leicht, bevor sie sich wieder der Lektüre widmete. Dann wollen wir mal Antworten suchen...

Es war eine mühsame Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Dann fiel ihr allerdings nach einer Weile etwas auf. In 'Der Lich', einem Werk das nach seinem schwafelnden Vorwort nach zu urteilen verschiedene Formen der Unsterblichkeit ergründen wollte, fehlten einige zusammenhängende Seiten in einem Kapitel sogenannter 'unorthodoxer' Methoden. Die Seiten waren mit einem Messer säuberlich aus dem Buch getrennt worden. Zum Glück gab es ein Verzeichnis des Kapitels, sodass sie zuordnen konnte, zu welchem Thema die fehlenden Seiten gehörten.

Daimonomika und der Pfad des Almanach - wie man die Seele in einem Buch unsterblich werden lässt

Oh krass, oh krass, oh krass... Der hat seine... seine Seele in ein Buch... wie - warum.... das ist doch verrückt... und dann hat er sich selbst stehlen lassen? Oder war das etwa auch noch sein Körper? Dann hätte er sich selbst gestohlen Wieder unterdrückte Beth ein Kichern. Verrückt, das ist einfach verrückt... Sie atmete ein paar mal durch um noch den Rest des Lachens loszuwerden.

"Es könnte sein, dass er seine Seele in das Buch gesteckt hat, das fehlt", sagte Beth dann halblaut in den Raum, einen Finger am Inhaltsverzeichnis, den zweiten bei den fehlenden Seiten.

"Hm?"
Kurunta klappte ein Buch zu, das er gerade inspiziert hatte und kam herübergeschlurft. Aufmerksam studierte er die Stelle, an der die Seiten fehlten und auch das Verzeichnis.

"Jemand, der seine Seele in ein Buch transferiert hat... welcher Wahnsinn muss diesen Kerl geritten haben?"
Kurunta schüttelte den Kopf.

"Aber das ergibt natürlich irgendwie Sinn. Womöglich kann er aus dem Buch heraus noch Magie wirken und hat den Körper hier benutzt, um zu fliehen. Vermutlich war das sein eigener Körper. Du liebe Güte..."

Beth zuckte undefiniert die Schultern, während ihre Gedanken rasten und von einem Punkt zum nächsten sprangen. Wie ist das wohl ein... Buch zu sein? Oh... und  was steht dann darin - die Lebensgeschichte oder so? - Und seinen eigenen Körper als Marionette zu benutzen... wie bekommt das... wie nimmt der dann wahr ... Magie? Ist das ein Ersatz für die anderen Sinne? Kann man das dauerhaft? Wahrscheinlich... wie ist das dann mit dem Mana? - Ist das nicht unpraktisch ?- Und fällt so eine Leiche nicht total auf? Dann müsste er wieder in so einen Raum ... oder zumindest irgendwo hin, wo es nicht so öffentlich ist... Sie kniff einmal kurz die Augen zu und verscheuchte die Gedanken. Das bringt doch nichts... Konzentration. Was möchte ich wissen?

"Wissen Sie irgend etwas über die... Wirkungsweise einer solchen - Transplantation einer Seele?", Beth runzelte leicht die Stirn.
"So etwas ist wahrscheinlich nicht - erlaubt oder?" Kurze Pause.
"Und wie planen sie ihn zu finden?"

Mit einem missbilligenden Zungenschnalzen ließ Kurunta das Buch zuschnappen.

"Nun, ich finde, man muss bei Magie nicht zuallererst diskutieren, was erlaubt ist und was nicht. Schließlich dürfen wir nicht all die Denker und Wissenschaftler vergessen, die neue Erkenntnisse hervorgebracht haben, obwohl ihre engstirnige Gesellschaft es ihnen nicht erlaubt hat. Man denke etwa an Galileo. Das Problem bei derlei Seelentransplantationen, wie man es wohl nennen kann, ist nicht, dass irgendjemand sich irgendwann mal überlegt hat, dass man es verbieten sollte. Das Problem ist, dass es ein kruder, abstoßender Bruch der natürlichen Ordnung der Dinge ist. Nicht auszudenken, was für abscheuliche Konsequenzen aus solch monumentaler Ignoranz erwachsen können. Alleine deswegen muss dieses Buch gefunden und unter Verschluss gebracht werden. Das ist allerdings nicht meine Aufgabe."

Er sah zu Manat.
"Zensorin Manat, ein potentiell instabiles und gefährliches Phänomen ist aus dieser Kammer entwischt. Walten Sie Ihres Amtes."

Manat nickte mit grimmiger Miene, einerseits wohl entschlossen, andererseits auch entnervt davon, permanent von Kurunta herumkommandiert zu werden. Sie machte sich auf den Weg.

"Nun, Sie könnten mir noch helfen, diese Bücher zu sortieren und zusammenzupacken. Diese Literatur sollte hier nicht liegen bleiben. Andererseits haben Sie sicher auch noch anderes vor..."

Beth nickte noch einmal ernst. Tja, scheinbar hat mein moralischer Kompass nen Sprung, dass ich so etwas nicht sofort erkenne. Schlimm, schlimm... sind Regeln den  nicht für so etwas da? Und was zum Henker soll da schon schlimmes passieren? Das ist jemand der ein Buch ist und sich selbst geklaut hat... und wir sind in seine Wohnung eingebrochen. Wow. Und jetzt schicken wir den genervten Jäger. Sie grinste leicht. Geschiet ihr recht.

Plötzlich wieder von Kurunta angesprochen, fiel ihr das Lächeln vom Gesicht. Fast schon hastig schaute sie auf ihre Uhr. Verdammt, wie lange waren wir eigentlich hier? Ich sollte wohl...

"Ich fürchte Sie haben recht, ich bin schon deutlich länger hier als eigentlich geplant gewesen war" Sie lächelte entschuldigend und machte eine kleine Geste Richtung der Bücher. Nicht, dass hier überhaupt was geplant war... aber ich kann hier ja jetzt auch nicht ewig bleiben. Hoffentlich nimmt der mir das jetzt nicht übel...

Kurunta verabschiedete sich noch, war aber schon mehr mit den Büchern beschäftigt. Übel schien er es nicht zu nehmen, er wirkte eher etwas duldsam - vermutlich passierte es ständig, dass irgendwelche Jungspunde sich nicht so sehr für Bücher interessierten, wie es gut wäre.

So gelangte Beth aber wieder wohlbehalten zu ihrem Treffpunkt mit Galen.

Spoiler: