Inneres Feuer, äußere Umwege

Was für ein Dingsi? fragte sich Galen.

Spoiler:

Sie schaute ihn erwartungsvoll an.

"Na so ein klackerndes Ding, mit dem man die streng geheime Kammer von Angerona finden kann? Ich habe keinerlei Bedürfnis, den langen Weg zu nehmen."

Die weiß ja wirklich alles...

"Ich muss einen Anruf tätigen." Galen sah auf seine Uhr... Das hier war auf jeden Fall wichtiger als seine Verabredung mit dem Adamantpfeil.

"Dann hopp hopp!", meinte sie ungeduldig und zündete sich eine weitere Zigarette an.

Die tut so, als hätte sie nur noch drei Minuten zu leben... Ist vielleicht auch so, wie die am Rauchen ist.

Er rief Kivutar an. "Jaja, Absolem."

"Nana, nicht frech werden."
Sie schüttelte pikiert mit dem Kopf.

Kivutar ging für ihre Verhältnisse zügig ran.
"Hallo?"

Er nickte ihr entschuldigend zu. Und ich dachte, wir hätten so etwas wie einen Draht... Er hatte via eines Chatprogramms angerufen, über das auch Videotelefonie möglich war.

"Ich bin gerade im Beisein einer zeitlosen Koryphäe ihres Fachs." kodierte er sehr oberflächlich. "Wenn du deine Kamera anstellst, kann ich dir alles ins Gesicht sagen..." schlug er vor - womit er meinte, eine telepathische Verbindung zu ihr aufbauen zu wollen.

"Kory..."

Sie schaltete ihre Kamera ein und schon hatte er ein Livebild als Vektor für seinen Zauber.

Galen erdete sich mit Hilfe seiner Münze direkt in die höheren Reiche - denn obwohl er diesen Zauber nun routiniert erlernt hatte, war das, was er nun vorhatte alles andere als ein Spaziergang...

Er wischte unauffällig sich über das linke Auge, als sei er müde auf einer Party und würde das aber zu verbergen versuchen. Das rechte Auge sah Kivutar dabei etwas oberhalb, zwischen ihre Augen. Dort wo ihr drittes Auge wäre.

Der Schmetterling den ich sah. Sie will den Moment kaufen. Die Antwort auf eine Frage dafür, egal welche. Angerona soll sie ihr stellen. Das ist die Vereinbarung die ich traf. Die Koryphäre fragt nach dem Kugelspiel dafür. schossen seine Gedanken schnell und strukturiert wie Bulletpoints an Kivutar - Es war vermutlich das erste Mal, dass sie diese Verbindung zueinander hatten.

Kivutar sendete bewusst das telepathische Äquivalent eines besorgten Gesichtsausdrucks.
Das entspricht nicht den Protokollen. Nur Hüter dürfen Angerona mit dem Kugelpendel besuchen.
Ich werde Angerona kontaktieren. Die Koryphäe muss warten.
Sie war bemüht, ihre Gedanken knapp und neutral zu formulieren, aber eine gewisse Unsicherheit schwang dennoch mit.

Das habe ich erwartet/befürchtet dachte er an Kivutar.

"Wir prüfen die Möglichkeiten." übersetzte er der Koryphäe in höflichem Tonfall. "Das braucht leider Zeit."

Warum passiert so etwas eigentlich immer mir?, dachte er nur für sich.

Ich werde direkt beginnen. Kivutar...Ende, dachte sie etwas unbeholfen. Sie konnte die Verbindung schließlich nicht von sich aus beenden.

Die Koryphäe seufzte getragen.
"Meine Zeit ist sehr wertvoll. Beinahe unbezahlbar, um genau zu sein."
Verärgert zog sie an ihrer Zigarette.

"Und nur aus einer Laune der Natur heraus muss ich sie jetzt mit dir verbringen. Ich fühle mich gefoppt!"

Verstanden. Und damit beendete auch er die Verbindung.

'Und das Warten geht dennoch schneller als der Umweg?' wollte er fragen. Doch das dem offensichtlich so war, bewies ihre Anwesenheit. So ging es Galen auch mit zwei anderen Ansätzen für einen Satz.

"Wenn ich die Wahl hätte, würde ich meine Zeit auch lieber mit jemanden anders als mir verbringen." räumte er selbstironisch ein.

"Wenn du deiner selbst irgendwann überdrüssig bist, steht dir ja der Suizid offen", meinte sie mit garstigem Tonfall und schnippte erneut Asche auf den Boden.

"Aber das wirst du nicht tun, denn dann kannst du dein Leben nicht mehr für den Orden wegwerfen."

Nicht für den Orden. Für die Sache, für die er steht..., dachte er.

Er sah kurz zu ihr rüber.

Und du schmeißt es weg für ein paar mysteriöse Schmetterlinge?

Sie schaute ihn prüfend an.

"Ah, er denkt. Zerdenken und Zerschellen liegen nahe beieinander. Wie lange hast du nachgedacht, bevor du den Mord begangen hast?"

Für jemanden die, salopp gesagt, alles weiß, hat sie eine ganze Menge Fragen.

Er sah sie erneut einen Augenblick lang an. Ich habe sie ziemlich wütend gemacht.

Galen antwortete nicht auf die Frage. Dieserlei Gespräche könnte er auch mit Lovecraft führen.

"Tun sie in der Tat."

"Exakt zweiundsiebzig Minuten und einundzwanzig Sekunden wäre die richtige Antwort gewesen."
Sie nickte fachmännisch.

"Das ist sportlich. Da kann man eigentlich nicht von Zerdenken reden. Wie kam ich jetzt darauf?"

Andere Fälle zerdenke ich länger... Sein Blick wanderte in den Süden. Dort wo er Lovecraft vermutete.

"Ich habe nachgedacht."

"Worüber? Über deinen psychopathischen Ex-Mentor? Darüber, warum ich so passiv-aggressive Fragen stelle? Ob ich ein Bully bin, der seine Macht missbraucht?"
Sie sah ihn durch eine Zigarettenqualmwolke an.

"Oder doch über dein zentrales Problem?"

"Das sind eine Menge Fragen an einen höchstens zweitklassigen Magier mit zweitklassigen Schattennamen." stellte er trocken fest und sah nun wieder die Koryphäe an. Sie hofft das ich ihr doch noch eine Frage stelle...

"Schonmal etwas von der Sokratischen Methode gehört?"
Sie paffte vergnügt vor sich hin.

"Die Fragen sollen zur Selbsterkenntnis des Schülers führen. Dabei wird die Antwort nicht vorgegeben, sondern das Problem in immer kleinere Teilfragen gebrochen, bis sich die Lösung des zentralen Problems offenbart."

Einige Grundkenntnisse antiker Philosophie sollte man doch erwarten von jemanden, der sich den Namen Galen gab.

Sie äugte erstaunt zu ihm herüber.

"Oh, wie vermessen von mir... aber wollte ich wirklich eine Selbsterkenntnis oder eine Lösung deines zentralen Problems beursachen? Oder spiele ich nur Spielchen? Weiß ich schon, was du weißt und sagen und tun wirst? Wenn ja, warum frage ich dann überhaupt noch? Kann sich das Schicksal ändern, nur bei einem Gespräch auf einer Parkbank mit einer alten Frau? Oder will sie dir eine Falle stellen? Spielt das alles überhaupt eine Rolle?"
Sie zuckte mit den Schultern.

"So viele interessante Fragen."

"Und das schöne an ihnen ist... Ich werde die Antworten darauf selbst finden." erwiderte er. "Und im Zweifel empfiehlt es sich nicht im 'Oder' sondern im 'Und' zu denken."

Er schmunzelte.

"Die meisten Optionen schließen sich nämlich gar nicht aus."