Springbreak

Sie zuckte zusammen, als er den Namen nannte. Ein Würstchen entglitt ihr und platschte auf den Boden. Nach einem kurzen, hilflosen Blick tauchte sie ab, um das bepellte Fleischstück aufzuheben. Sie warf es nach einem kurzen, unsicheren Moment in den Müll und hantierte dann an dem Topf.

"Kenn ich nich."
Sie wich seinem Blick aus.

Sein Blick hob sich.

"Hörmal..." Und er suchte den ihren. "... Ich gehör' nicht zu ihrer Gemeinde wenn es das ist..."

Hatten die beiden etwa was miteinander?

Sie propfte angestrengt die neue Wurst in ihre brotige Behausung.

"Gemeinde, hä? Ich weiß nicht, wovon du redest", antwortete sie kleinlaut.

Er lächelte sie verständnisvoll an und nickte.

"Du beschützt sie vor diesen Spinnern, ja? Das ist gut... Wenn du mir sagst, dass es ihr gut geht... Dann fahr ich sofort hier weg und kann endlich wieder zurück in meinen Alltag, meiner Mom sagen, dass es ihr gut geht. Sie ist es ja, die sich die Sorgen macht... Ich kenne Hannah ja kaum." spielte er seine Rolle.

Sie runzelte die Stirn und hantierte für einen Moment schweigend an den Hotdogs.

"Hör mal, ich würd dir ja gerne helfen deine..."
Sie musterte ihn mit verengten Augen.

"Deine Cousine zu finden. Aber ich kenne keine Hannah. Röstzwiebeln?"

Er seufzte niedergeschmettert...

"Naja... dann trotzdem danke..."

Sie weiß was... Wird gleich bestimmt Hannah anrufen. Wo ist Sh'aoc?

Zu den Röstwiebeln nickte er.

Sie machte die Hotdogs fertig und schob sie auf zwei Pappschälchen über den Tresen.

"Sind dann sieben Dollar. Coke kannst du dir aus dem Schrank nehmen. Ketschup ist da."
Sie deutete auf einen kleinen Stehtisch, auf dem mehrere Flaschen verschiedener Würzsoßen standen.

Der Blick durch die Augen des Goatia zeigten ein Zimmer, das Sh'aoc von einer Position nahe des Fensters betrachtete. Die Juniordetektivin saß dort an einem PC und schaute sich ihre Bilder auf dem Monitor an. Eine Frau trat von hinten heran und schaute ebenfalls interessiert auf die Bilder, die die zwei Falken auf dem Dach zeigten.

"Schön!", kommentierte die Frau.

"Ja, oder? Mama, ich hab sogar noch bessere. Suche gerade die besten für den Blog aus."

Galen trat an den Tisch heran und legte den ersten Hot Dog in die dafür vorgesehene Metallvorrichtung.

Während er mit der Rechten die Ketschupflasche öffnete, griff er mit der Linken in seine Jackentasche.

Vor Stunden hatte er sich ein gutes Sortiment an Spionagehilfsmitteln mitgenommen. Gut sortiert deshalb, weil er es mit System in seiner Kleidung versteckt hatte: Linke Jackentasche: Wanzen. Rechte Innentasche: Kameras und so weiter...

Er versuchte mit seinem Körper die Sicht einzuschränken und klebte eine Wanze mit links unter den Tisch, während er mit rechts den Hotdog mit Ketschup besudelte.

Sein Timing war tadellos. Sie merkte nicht, wie er das kleine Abhörgerät anbrachte, obwohl sie ihn aufmerksam beobachtete.

Er arbeitete hoch konzentriert, denn er wollte sich auch nicht mit Ketschup voll kleckern.

An meiner Fingerfertigkeit kann ich auch mal üben...

Er blieb noch, bis er seine Hot Dogs gegessen hatte - all zuviel Hunger hatte er nicht, aber Hot Dogs machten ja auch nicht sonderlich satt. - und spielte dabei weiterhin den suchenden Sohn... Das würde ihre Ungeduld steigen lassen und sie wohl gleich direkt Hannah anrufen lassen...

Schließlich warf er die Coke in den Müll.

"Schönen Tag noch."

Damit verschwand er nach draußen, griff sich sein Smartphone und stöpselte zügig die Kopfhörer ein, um den Sound der Wanze zu empfangen.

Kurz hörte er ein Rauschen der Statik, als die Wanze sich kalibrierte. Dann war der Umgebungston des Kiosk relativ klar zu hören - für einen kurzen Moment. Dann hörte er die leise Stimme der jungen Frau.

"Hi...Hannah? Du hattest recht! Es ist echt jemand hinter dir her...nein, kein Alter, ein junger. Gibt sich als dein Cousin aus."

"...okay, bleib ruhig Hannah, bleib ruhig! Ich hab ihm nix gesagt, er hat keine Ahnung. Bleib im Wohnwagen... ich komme, sobald ich kann... bitte Hannah, mach nichts Unüberlegtes! ... Okay...okay, ich beeile mich. Ciao."

Dann wurde es wieder ruhiger. Man hörte nur Schritte, und hin und wieder Geräume."

Alles klar... Dann müssen wir ihr ja nur noch verdeckt folgen... Und das Problem mit diesem Hobbydetektiv lösen... Gott verdammt wo sind die beiden Vögel schon wieder?

Mit diesen Gedanken sah er in den Himmel und setzte sich einen Moment lang wartend in sein Auto.

Sie müssten ja mit der Hausdurchsuchung fertig sein.

Es dauerte nicht lange, dann tauchte Tapio neben dem Auto auf und stieg ein. Er trug jetzt Bluejeans und einen schlichten Pullover, der ihm ein paar Nummern zu groß war.

"Okay, wir haben das Haus der Shepherds durchsucht... soweit nichts. Der Vater ist nicht da, die Mutter bügelt. Keine magischen Spuren, keine Anzeichen von Hannah. Was hast du?"

"Hannah ist bei einer Kioskverkäuferin in einem Wohnwagen." Er reichte ihm das Headset durch das man das arbeitende Kioskmädchen hören konnte und zeigte dabei auf den Kiosk, den er observierte. "Sie hat sie telefonisch gewarnt und wird bald zu ihr fahren. Wir können sie dann beschatten."

Er wartete kurz ein Nicken ab.

"Das war die gute Nachricht. Hier die Schlechte: Eine Teeny-Vogelkundlerin hatte euch auf dem Dach gesehen und Fotos geschossen - auch als ihr mir in die Garage gefolgt seit. Zwei hinein und hinaushüpfende Falken. Sie ist Bloggerin. Sh'aoc ist gerade bei ihr und überwacht sie."

"Hobby-Vogelkundlerin?"

Tapio staunte nicht schlecht.

"Okay... das ist natürlich blöd. Zumal wir nur als Falken in die Garage hinein sind... nicht wieder hinaus. Ist ihr das wohl aufgefallen?"

"Dazu hatte sie keine Gelegenheit... Ich wollte sie ansprechen und ihr ne Lüge auftischen, aber da ist sie auch schon abgehauen..." erwiderte er ihm.

"Okay..."

Tapio runzelte nachdenklich die Stirn.

"Also, wenn sie Bilder von dir hat, sollten die verschwinden. Vor allem sollten sie nicht gebloggt werden, aber das brauche ich dir glaub ich nicht sagen."
Er rieb sich das Kinn.

"Nemglan kann die Kioskverkäuferin beschatten. Pro forma könnte ich nach Campingplätzen in der Nähe suchen... aber das ist vielleicht auch kontraproduktiv. Ich will nicht zufällig in die Arme einer potentiallen Banisherin laufen."

Er nickte und besah sich Tapio.

"Ich könnte versuchen den Speicher durch Sh'aocs Augen korrodieren zu lassen - aber das halte ich für... recht rabiat..." entgegnete er und besah sich Tapio. "Dich kennt sie noch nicht..."

"Das ist sehr rabiat."

Er zögerte kurz.

"Also, dann gehen wir zusammen."

Ein knappes Nicken von Galen.

"Und was ist der Plan?" er entstieg schon einmal dem Wagen.

Tapio zuckte mit den Schultern.

"Ich klingel vorne an der Tür und versuche alle im Haus da hinzulocken, du dringst in das Haus ein und löscht die Daten?"

Galen nickte und schmunzelte.

"Soll ich dir noch ne Packung Kekse für die Pfadfindernummer kaufen?" fragte er Tapio witzelnd.

"Und ich darf später nicht vergessen die Wanze wieder einzustecken."

Er nickte zum Thema Wanze und grinste nur kurz über den Kekskommentar.

"Wen hat Sha'oc noch gesehen? Wer ist alles in dem Haus. Und wo genau ist das?"

Galen hatte eine ungefähre Idee, aber er hatte nicht den gesamten Weg beobachtet, den der Goetia gemacht hat.

Spoiler:

"Das müsste hier lang sein..." erwiderte er und ging den Weg über voran - an einigen Kreuzungen war er sich nicht ganz sicher, aber nach ein paar Metern fand er immer wieder einen Orientierungspunkt.

"Ihre Mom ist noch im Haus. Sonst hab ich niemanden gesehen."

"Mutter und Tochter also."

Tapio nickte zu sich selbst. Indes erreichten sie das Haus. Die Eingangstür lag zentral neben einem kleinen Hof vor der anliegenden Garage. Ein Weg zu einem Garten hinter dem Haus begann links davon.

"Gehst du ins Zwielicht oder versuchst du so hinten durchzukommen?`"