Springbreak

"Sie wird ein Zimmer haben. Ich kann versuchen das Haus durch das Zwielicht zu betreten und dort nach Spuren suchen, euch ein Fenster öffnen. Sonst kann ihre Gemeinde auch ein erster Anhaltspunkt für Bekanntschaften sein. Vielleicht ist sie bei dem Priester. Immerhin sieht sie Teufel und ist religiös."

"Wir können ebenfalls das Zwielicht verwenden. Du solltest stattdessen den Vorteil nutzen, dass du ohne aufzufallen mit Schläfern sprechen kannst. Vielleicht wissen die Nachbarn etwas oder haben etwas beobachtet, da solltest du anfangen."

Er nickte langsam, mehr zu sich selbst.

"Von den Nachbarn sollte sicher auch jemand wissen, zu welcher Gemeinde die Shepherds gehören und wo man die finden kann. Wir durchsuchen derweil das Haus."

Galen nickte und sah zu Tapio.

"Hilfst du mir schnell eine Rolle zu entwickeln. Wer könnte ich sein und warum interessiert mich das?" fragte er den Gestaltwandler.

"Ich würde sagen, jemand mit einem persönlichen Motiv. Wir wissen nicht sehr viel, also solltest du es einfach halten."

Er legte kurz nachdenklich den Kopf schräg.

"Ein entfernter Verwandter oder ein Schulfreund oder sowas... und dann eine Spur Wahrheit. Hannah ist verschwunden und die Eltern wollen nichts dazu sagen. Du bist verzweifelt, deswegen fragst du überall herum."

Er nickte.

"Michael Shephert. Cousin, väterlicher Seits." Denn den Geburtsnamen der Mutter kenne ich nicht... "Und war eigentlich vor zwei Tagen mit Hannah verabredet. Als ich sie nicht erreichte und ihre Eltern mir nichts sagen wollte, machte ich mir Sorgen."

Tapio nickte zustimmend.

"Gut", konstatierte Nemglan.

"Dann gehen wir jetzt und untersuchen das Haus. Wir stoßen auf dem Weg zur Gemeinde oder bei der Gemeinde wieder zu dir. Oder woauchimmer du dann bist, wir finden dich."

Was eine Freude...

"Gut. Dann bis gleich." Er sah zwischen den Beiden hin und her, trat an das Tor und sah erwartungsvoll in ihre Gesichter.

Nemglan streckte den Arm aus und berührte Tapio an der Schulter. Mit der freien Hand vollführte er ein paar knappe Gesten. Dann wurden die beiden mit einem leisen Rauschen von einem Wirbel verschluckt und verschwanden. Das kurze Aufkommen von Magie verschwand beinahe sofort wieder.

Galen fiel das Ausbleiben eines Nimbus auf, also hatte Nemglan wohl auch seine Aura verschleiert.

Kaum waren sie verschwunden, schob er das Garagentor auf um zu verschwinden... Natürlich nicht, ohne sie erneut abzuschließen.

Er hatte gerade abgeschlossen und sich zum gehen angeschickt, als er eine Bewegung in einem kleinen Gebüsch wahrnahm, das die Seitenwand einer der anderen Garagen, vielleicht ein Dutzend Meter entfernt zierte. Ein dezenter Blick verriert ihm, dass da tatsächlich irgendjemand zu hocken schien, aber mehr als die Umrisse konnte man in dem Gebüsch nicht sehen.

Sh'aoc glitt, nichts davon mitbekommend, neben ihm her.
"Also... Tapio ist also doch ein Junge", stellte er vergnügt fest.

Galen drehte sich mit dem Gesicht vom Gebüsch weg und flüsterte zu Sh'aoc.

"Linkes Gebüsch. Guck schnell nach." Hoffentlich ist es nur ein Kind...

Dann sah er in die andere Richtung und entfernte sich vom Hof.

"Hä?"
Sh'aoc brauchte einen kurzen Moment, um den abrupten Themenwechsel zu verarbeiten, steuerte dann aber für seine Verhältnisse zügig auf das Gebüsch zu.

Durch die Augen des Goetia konnte Galen dann sehr deutlich ein Mädchen mit braunem Teint, vermutlich Pazifikinsulanerin, vielleicht im mittleren Teenageralter sehen, das in dem Gebüsch hockte und Fotos mit einer in ihren zierlichen Händen klobig aussehenden Canon-Spiegelreflexkamera schoss. Vom Winkel her vermutlich von Galen selbst, oder von der Ecke, um die er gerade gebogen war.

Ohh... Na das passt mir ja gerade gut in den Kram.

Wie zufällig versucht er sich dem Gebüsch zu nähern, ohne es sie wissen zu lassen.

Am besten wäre es, ich würde mich - wie sie - als Privatdetektiv ausgeben... Aber das passt wohl kaum mit der anderen Lüge zusammen. Und sie wohnt hier ja offensichtlich...

Sich unbemerkt oder wie zufällig zu nähern, wurde dadurch erschwert, dass er gerade in die andere Richtung gegangen war. Als er jetzt wieder näher kam, konnte sie das gar nicht übersehen.

"Shit!", hörte er leise, es raschelte und er sah sie nach hinten in die entgegengesetzte Richtung weglaufen.

"Warte Frau Detektiv!" rief er ihr freundlich nach, in dem Versuch es nicht zu einer Verfolgungsjagd kommen zu lassen...

Sie warf nur einen raschen Blick zurück und rannte dann weiter, die Kamera fest umklammert, auf einen hüfthohen Maschenzaun zu, der den Garagenkomplex vom nächsten Grundstück abtrennte.

Um nicht noch mehr Aufmerksamkeit nahm er nicht die Verfolgung auf, griff sich aber ans Herz und schickte ihr ein Woge 'Wohlwollen' hinterher...

Das alleine sollte sie jedoch nicht zum Stoppen bewegen.

Wie weit war sie mittlerweile gekommen?

Sie war gerade über den Zaun geklettert und huschte nun weiter nach hinten auf dem neuen Grundstück. Zumindest bis zum Zaun würde er sprinten müssen, um einigermaßen wirksam mit ihr reden zu können.

Spoiler:

Er hechtete ihr kurz nach, an dem Zaun blieb er dann aber stehen, um keine Szene zu veranstalten.

"Folge ihr. Finde heraus, wo sie wohnt." befahl er dem Goetia... Dann könnte er den Speicher der Kamera später zerstören, wenn dies nötig wäre.

Sh'aoc gab ein langezogenes, jammerndes Geräusch von sich, setzte sich aber dann in Bewegung und schlängelte sich zuerst durch die Maschen des Zaunes und dann hinter der flüchtigen Hobby-Detektivin hinterher.

Meine Güte ist das peinlich..., dachte er. Von einem Kind. Hoffentlich wird aus ihr irgendwann eine Polizistin...

Dann drehte er sich um und ging zurück zur Hauptstraße. Immerhin müsste er ein paar Befragungen durchführen. Um dieses kleine Ärgernis würde er sich noch später kümmern können. Und solange Sh'aoc da war, würde er ja mitbekommen, wie es mit den Fotos weiterging.

Für den Anfang war der Abstand noch recht groß, aber sie schaute sich hin und wieder um und wurde langsamer, als sie merkte, dass niemand ihr folgte - zumindest niemand, den sie sehen konnte - und so holte der Goetia stetig auf, bis er beinahe direkt hinter ihr war. Er schaute ihr über die Schulter, nachdem sie stehengeblieben war um sich die Bilder auf dem Display ihrer Kamera anzuschauen.

Da waren welche von den zwei Falken auf dem Dach. Galen, wie er über den Hof ging. Wie er das Tor öffnete. Mehrere Aufnahmen davon, wie die beiden Falken landeten und durch den Spalt in der Garage verschwanden. Dann Galen, wie er alleine wieder herauskam, das Tor schloss. Über den Hof ging. Innehielt, fast in die Kamera schaute. Zur Seite schaute. Ging.

Sie drückte ein paar mal hin und her, dann schaltete sie das Display ab und ging in normalem Gehtempo weiter. Über einen Weg durch einen kleinen Garten kam sie wieder zu einer befahrenen Straße zurück. Der Goetia folgte ihr weiter.

"Drei mal verhexter Scheibenkleister..." ärgerte sich Galen. Die muss sich ja ausgezeichnet versteckt haben, wenn selbst zwei Falken sie nicht sahen...

Galen rümpfte kurz ein letztes Mal die Nase. Das war ein Problem für später... Schon wieder...

Jetzt hieß es erst einmal die Nachbarn zu befragen.

Also ging er auf die Hauptstraße und versuchte anhand der ihm zur Verfügung stehenden Optionen die richtigen Nachbarn zu identifizieren: Hilfsbereit, naiv, religionskritisch... Vielleicht Demokraten.

Dummerweise war gerade kein Wahlkampf, sodass man an den Schildern in den kleinen Vorgärten die Zugehörigkeiten der Bewohner zu den Parteien ablesen konnte. Und die Gebäude hier wiesen nur wenig individuelle Merkmale auf, sodass es Galen schwer viel, irgendetwas über die Nachbarn abzuleiten. Letztendlich würde er wohl auf gut Glück irgendwo klingeln müssen.