Ergon und Hedone

"Punkt A, Rechere, da stimme ich zu. Punkt B müsstest du nochmal genauer erklären."


Er fand relativ mühelos die Facebookseite der Verbindung, und ein Eventkalender verriet, dass etwa einmal im Monat, manchmal mehr, manchmal weniger, Parties waren. Die Rock Night war aber deutlich mehr angepriesen, als andere Feiern vorher.

"Wären solche Partys regelmäßig, wäre anzunehmen, dass der Schaden, der heute entsteht, nicht katastrophaler wäre, als der, der bereits entstanden ist... aber... oh... Grütze." sagte er unvermittelt.

"Diese Party hat ca. drei mal so viele Zusagen, wie die üblichen..."

"Grütze?"
Angus klang amüsiert.

"Na, mal sehen, ob heute noch richtige Kraftausdrücke kommen. Wir brauchen in jedem Fall Augen im Haus."

Phobos Blick wanderte zu dem Goetia.

"Es ist unwahrscheinlich, dass das Wesen auf der Zwielichtebene Sh'aocs operiert." meinte er. "Andererseits... Kannst du dich auf der Party auf eine Mission konzentrieren?" wollte er von dem Goetia des Kontrollverlusts wissen.

"Hm, so unwahrscheinlich ist das nicht", warf Angus bedauernd ein.

"Immerhin haben die Kanäle auch eine Gedanken-Signatur."


Der Goetia schaute zwischen den beiden hin und her.

"Ich? Wieso ich? Weil ich entbehrlich bin?"

"Weil du unsichtbar bist." erwiderte er. "Aber ja... Angus Punkt ist korrekt. Bleiben nur noch wir beiden..."

Angus nickte grimmig.

"Sieht wohl so aus. Ich könnte das Raumarkanum verwenden, um ins Innere zu sehen. Wenn du hilfst, steigt unsere Effektivität... aber du musst dafür das Risiko eingehen, wieder reinzugehen. Die Entscheidung will ich dir nicht abnehmen."

"Bhishmar hatte ein Portal an mir verankert... Kannst du das auch ?" wollte er von Angus wissen.

Angus schüttelte den Kopf.

"Nein, diese Fähigkeit habe ich leider nicht."

"Tja... Dann werden die beiden Tarnzauber genügen müssen, nicht wahr?" fragte er Angus. "Ich bin bereit da reinzugehen." Immerhin geht's um Doug.

Angus nickte anerkennend.

"Ich werde sehen, ob ich uns Verstärkung besorgen kann -für den Fall."
Er griff zu seinem Telefon und begann zu tippen.

"Am besten setzt du dich nicht zu weit von den Schläfern ab. Dann wird schon nichts passieren... ich behalte dich aber auch mit im Auge."

"Übrigens... Ich weiß nicht, ob dir es schon zugetragen wurde, aber ich habe heute mit Kivutar wegen der Anwärterschaft im Orden gesprochen..." Er wartete einen Moment lang ab.

"Wildcard an der Operation sind die Leute vom Konzil. Die wollten auch kommen, wenn ich mich nicht mehr melde. Passiert das, solltest du sagen, dass ihr wegen irgendwas nen Auge auf mich hattet und deshalb eingegriffen habt - irgendwie sowas?" fragte er Angus.

Angus lächelte.
"Ja, habe ich gehört. Willkommen im Club... naja, fast."

Wieder nickte er.
"Im Notfall wird mir etwas einfallen. Aber soweit sollten wir es gar nicht kommen lassen."

Wieder nickte Phobos.

"Musst du mich noch irgendwie verzaubern, bevor ich da reingehe?"

"Ein offener Kommunikationskanal wäre hilfreich. Ich will aber keine Telepathie verwenden - wer weiß, ob wir nicht sonst ungewollte Interaktionen mit dem Netzwerk drinnen bekommen. Also kein Zauber... du bist ja denke ich schon gut verborgen. Kommunikation via SMS, Standardkodierung - also wie in schlechten Filmen, ich glaube du verstehst."

Er deutete zum Haus.

"Also... Ziel ins Visier genommen. Konzentration!"

"Wenns eilig ist, habe ich Sh'aoc um mit dir in Kontakt zu treten." erwiderte er. "Du teilst Angus mit, was ich da drin sehe und was ich sage, okay?"

"Jaja", gab der Goetia zurück.

Phobos stieg aus.

Dann atmete er noch einmal tief durch.

"Das Ziel ist der Keller, korrekt?"

"Wenn möglich. Auf jeden Fall Konfrontationen vermeiden. Im Notfall müssen wir für den Rest der Party das Haus überwachen und sicherstellen, dass niemand zu Schaden kommt."

Phobos fiel auf, dass Angus Art zu sprechen, sich komplett geändert hatte. Fast so, als sei er plötzlich jemand anders. Und das obwohl er in der Situation mit Kapoonis, die ja auch stressig war, der selbe lässige Typ blieb...

Er nickte nur knapp.

Dann trat er ruhigen Schrittes und tief durchatmend erneut das Konzert... Hoffentlich erkannte niemand ihn.

Das Konzert war vorbei, inzwischen war man auf der Party auf Musik aus einer Anlage mit ein paar ziemlich großen Boxen umgestiegen. Die Band hatte abgebaut und die Reihen sich etwas ausgedünnt - einige waren gegangen, generell hatte sich die Feier auf den Rest des Hauses ausgebreitet.

Niemand sprach ihn an, niemand sah ihn genauer an. Ein paar Blicke streiften ihn kurz, glitten dann aber ab. Er wurde komplett ignoriert. Mike ging einmal direkt an ihm vorbei zu einem der Getränketische, ohne ihn zu bemerken.

Wieder konzentrierte sich Phobos auf sein magisches Gespür, diesmal jedoch auch auf der Ebene der Gedanken. Das brannte zwar das letzte bisschen Mana aus, war aber auch notwendig, um die am Netzwerk angeschlossenen Schläfer schnell ausfindig zu machen.

Phobos fühlte sich schwach und leer...

Spoiler:

Die höhere Gefilde überlagerten seine Wahrnehmung und offenbarten ihm vieles. Diesmal konnte er auch spüren, dass in jedem Menschen ein Bewusstsein steckte, und dass die wild tanzende Göre mehr davon hatte als der in einer Ecke dahingesunken Dämmernde.

Wenn er sich konzentriert, konnte er tatsächlich auch die dünnen Leitungen von Gedankenenergie erkennen, die sich durch die Wände zogen. Er fand die erste angeschlossene Person in Form einer Verbindungsschwester, die eng an eng mit einem der Bandmitglieder tanzte. Eine weitere Schwester, die auch leicht von den gleichen Energien umgeben war, flirtete mit jemandem nahe einem der Getränketische.

Die Dritte saß auf Dougs Schoß. Sein Blick ging nachdenklich ins Leere, während sie ihn offensichtlich zuschwallte. In der einen Hand hatte er noch einen Becher, die andere fasste die junge Frau an der Hüfte. Immerhin war Doug voll bei Bewusstsein, auch wenn es von Alkohol oder Nachdenklichkeit leicht eingetrübt war - so genau verriet die Sicht das nicht.

Phobos griff sich sein Telefon und schickte drei MMS mit Fotos von den Verbindungsschwestern. Unter jedes davon schrieb er die Nachricht "hot girl, man".

Als sein Blick schließlich auf Doug und die Schwester fiel, wurde ihm schlecht... Er steckte mittendrin. Und es war doch kein Zufall, dass sie alle, ohne Ausnahme, heftig mit irgendeinem der Typen am Rummachen waren?

Er mochte es ganz und gar nicht, ihn aus dem Blick zu verlieren... Er konnte machen, dass er sie abstoßend fand. Jetzt und sofort. Aber das barg einige Gefahren...

Code:

Die hotten Girls sind hart am Flirten auf der Party! Heftig hier, wie die steil gehen.

Es dauerte keine Minute, bis die Antwort kam.

Code:

Heftig. Die machen sich die Typen klar. Aber warum?
Ein Vögelchen macht sich auf den Weg ins Nest!

Nach kurzem Umsehen konnte Phobos die Schwester ausmachen, die eben noch mit dem Musiker getanzt hatte. Jetzt zog sie ihn gerade an der Hand hinter sich her durch die Tanzenden - weg von der Party, tiefer ins Haus.