Graue Wüsten

Phobos trat auf die beiden zu.

So langsam brauchte er eine bessere Geschichte. Er hatte sich schon überlegt, dass er ein neues Mitglied bei der AA war - aber Bodkin selbst war ja neu dabei und würde kein Mentor werden. Trotzdem könnte er ja jemand sein, den er betrunken vorfand und zu dem Treffen einlud. Heute wollten sie sich treffen...

Jetzt erfuhr er, er sei tot und wolle der Gruppe zumindest etwas über Charles erzählen.

"Ähm... Guten Tag die Herren."

Der Jüngere beäugte Phobos neugierig, der Ältere stieß ungehalten eine Rauchwolke aus.

"Phffff... Tach. Hier hinten gibt's nix."

"Ähm... Sandy hat mir gesagt, hier würde ich vielleicht die Köche treffen... Ähm. Eigentlich wollte ich zu Charles. Er meinte zu Schichtwechsel hin habe er kurz Zeit. Aber ich habe eben gehört. Naja davon."

Sie wechselten kurz Blicke.

"Üble Sache. Schlaganfall in dem Alter..."
Der Ältere blickte grimmig drein inmitten der Rauchschwaden.
"Tja, ich sags ja immer, es kann jeden treffen."
Der Jüngere nickte bestätigend.

Auch Phobos nickte zustimmend.

"Kannte einer von euch ihn etwas besser?"

Der Jüngere schüttelte den Kopf.

"Naja, definiere besser", meinte der Ältere mit einem Schulterzucken.

"Charles war jemand, der eher unter sich geblieben ist. Gab ein paar fiese Gerüchte, wenn man auf sowas was gibt."

Spoiler:

"Ja, da kenne ich auch ein paar." antwortete Phobos. Eigentlich erhoffte er sich, dass sie so in einen Tratsch kamen - Er hatte ein paar Lästereien auf Facebook gelesen, die so begonnen hatten.

Und obwohl man nicht schlecht über Tote sprechen sollte - Bodkin würde es ihm sicher verzeihen, wenn es ihm sachdienliche Hinweise gab, um seinen Mord aufzuklären.

Spoiler:

Beide wirkten interessiert.

"Achja, Sie haben auch was gehört? Was denn so?", fragte der Ältere betont beiläufig.

Phobos räusperte sich "Naja - er sah ja schon recht tief ins Glas."

Jetzt tauschten die beiden vielsagende Blicke.

"Tja, das haben wir auch gehört. Er wirkte eigentlich nicht wie ein Trinker. Bei manchen merkt man es wohl nicht wirklich. Naja, er soll aber seine Frau und seinen Sohn mit dem Suff vergrault haben. Teilweise gewalttätig, wenn man den schlimmsten Gerüchten vertrauen kann. Ganz üble Dinger - hört man jedenfalls."

Armer Kerl. Er wollte sich bessern. Und jemand, den er vertraute, nahm ihm nicht nur das Leben, sondern auch seine Chance darauf, sich zu bessern.

"Wer erzählt denn sowas?" wollte er wissen. "Also... äh. Hatte er jemanden hier, der ihm näher stand?"

"Naja, das ist halt das, was so rumerzählt wird."
Der Ältere zuckte mit den Schultern und schaute zum Jüngeren.

"Kennst du jemanden, der den alten Charles besser kannte?"
Der Jüngere schüttelte langsam den Kopf.

"So wirklich nah stand ihm hier keiner. Ich hab aber gehört er hat Bowling gespielt. Da wird er wohl seine Kumpels gehabt haben. Ich meine in der Strike-Bowlingbahn, oder so ähnlich."

"Ja, stimmt. Das hat er mal erwähnt." erwiderte Phobos daraufhin. "Naja. Vielen Dank in jedem Fall."

"Kein Problem."
Der Ältere zog an seiner Kippe.

"Tschüss!"
Das erste Wort des Jüngeren war aus das letzte, das er an Phobos richtete.

Phobos kehrte zurück zum Van und sah auf die Uhr.

Mit dem Wagen sollte er nicht zum Treffen mit Kurunta.

Er hatte noch genügend Zeit, zum Sanctum zurückzufahren und die Autos zu wechseln. Vielleicht war sogar noch Zeit für eine kleine Pause.

So fuhr er zurück ins Sanctum.

Er fand das Sanctum verwaist vor - wenn man mal von dem Schlafwandler absah, der aller Wahrscheinlichkeit nach in dem Überwachungsraum saß.

Mit einem Blick auf die Uhr, gönnte sich Phobos eine kurze Verschnaufpause. Einen Kaffee, einen Toilettengang, für den er die Toilette abdunkelte, indem er die Rollos schloss und das Licht abschaltete. Immerhin gab es jemanden, der ihn beobachtete.

Und bald darauf fuhr er mit seinem kleinen Wägelchen los zu der Bushaltestelle.